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Easchig: Schlaf, Träume und Bewußtsein. 651
das nie zur Vollendung kommt, z. B. einer Reise, bei der
man nicht dazu kommt, die Fahrkarte zu lösen, während
der Zug jeden Augenblick abzufahren droht. Oder Lösung
schwieriger mathematischer Aufgaben, die sich quälend
immer wiederholt: Rechenschaft darüber beim Erwachen:
am Abend vorher Uberanstrengung des Kopfes mit
geistigen Arbeiten oder allgemeine Nervenüberreizung.
Selbst psychisch bedrückende Zustände des Tages löst
manchmal durch glücklichen Ausgang der Traum:
Vorm Einschlafen Kummer um ein verlorenes Geldstück,
einen Fünfzigpfenniger; im Traum findet sich das Geldstück
versteckt in einer Kleiderfalte; Glück darüber. —
Am Tage Kummer und Bedrückung durch einen harten,
widerwärtigen Yorgesefzten: Traum: Der Vorgesetzte ist
überaus gütig: das gequälte Herz fühlt sich geheilt. —
Unerfüllte Sehnsucht nach einem Gegenstande der Liebe:
Traum: Vereinigung mit der geliebten Person; Freude und
Wonne, unter Umständen positive Folgen.
Hierher gehören die Pollutionen der überreifen männlichen
Jugend im Schlafe; dieselben werden meistens von
entsprechenden Traumbildern begleitet, sodaß man hier gerade
einen deutlichen Beleg dafür hat, wie sich die entströmenden
Säfte in Gestalt der Traumvorstellungen ein
Ventil im psychischen Zentrum öffnen müssen, ehe sie den
Ausgang passieren.
Auch die Personen, die am Bettnässen leiden, sind
n eist im Traume in diejenige Situation versetzt, die das
Urinlassen als normal vor dem Träumenden rechtfertigen.
Daß auch, was jedem Laien als nächstliegende Erklärung
vorschwebt, die Erlebnisse einer ferneren, meist
näheren und allernächsten Vergangenheit das Traumleben
beeinflussen, geht aus Vorstehendem hervor und ist gewiß
nicht zu leugnen; doch ist das lange nicht so allein maßgebende
Ursache, wie gewöhnlich angenommen wird; viel
öfter ist sogar keine Spur davon im Traumleben vorhanden.
Auch träumen Personen häufig von Dingen, mit denen sie
berufsmäßig nie das Geringste zu tun haben, oder der
Traum erzeugt märchenhaft groteske Gestalten, die in der
Wirklichkeit überhaupt nicht existieren, selbst in Märchen
und Sagen nicht.
Eine Erscheinung umgekehrter Qualität sei noch erwähnt
, daß nämlich Dichtern und Denkern im Schlafe oder
wenigstens unmittelbar nach demselben beim Erwachen die
schönsten und klarsten Gedanken und Erkenntnisse kommen
können, die man dann am besten möglichst schnell schriftlich
fixiert. Das erklärt sich am besten so: der Denker
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