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Literatlirbericht.
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er als der ursprünglich Licht bringende ?Luzifer* ist und der ihn
dann als den „Versucher* aussendet, womit offenbar gesagt werden
soll: der Geist sendet seine Wirkung, das „Wort", seine Mitteilung
aus, um alles Lebendige umher zu „versuchen*, das ist zu erregen
und zur Gegenwirkung zu veranlassen. Zum „Bösen* schlechthin
hat den Satan erst die beschränkte Selbstsucht gestempelt, welche
in dem „Anderen* immer den Feind sieht. In Hilmes geistvoller
Darstellung vereinigt sich Satan, nach markerschütternden Kämpfen
der wilden Elemente in Natur und Menschenwelt, schließlich mit
Michael (Micha - el, das ist derjenige, „der ist wie Gott*), dem
Menschengeist und seinen Scharen, den Gedankenheeren. Auf die
Empörung folgt so die „Menschenwerdung* und schließlich die
„Erlösung*, welche nach der letzten entsetzlichen Schlacht das
Erdenweib „Gerda* durch ihr in heiliger Liebe geborenes Gnadenkind
bringt. Satan - Michael, der sich nun mit dem Weltall einig
fühlt, der keinen Glauben, nur ein Wi s s e n hat, nur den Blick ins
große All, ist so ^in Teil der einen Kraft, die als Wollen alles
füllt und Bewußtsein und Bewegen stets in eins verbunden weiß.
„Wer da liebt, der fürchtet nicht Höllenglauz zu schauen, denn er
ahnt und fühlt und weiß es: „Höllentod und Gluten zeugen Leben,
wölben Himmel, werden Liebesfluten.* — Wir wüßten seit Goethe's
unsterblichem „Faust* keine zweite Dichtung zu nennen, die sien
diesem ergreifenden Gedankengemälde an Großartigkeit der Auffassung
und an klarem Fernblick in eine bessere Zukunft des
Menschengeschlechts an die Seite steilen ließe.
Fritz Freimar.
Sydney Alrutz, Zum Problem der Hypnose. Sonderabdruck aus Band Y,
Heft 1 der „Zeitschrift für Psychotherapie und medizinische
Psychologie, mit Einschluß des Hypnotismus, der Suggestion und
der Psychoanalyse*, herausgegeben von Dr. Albert Moll, Berlin).
10 S. Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke. 1913.
Verfasser, Dozent der Psychologie an der Universität Upsala,
untersucht in diesem sehr wertvollen experimentellen Beitrag die
hypnosigenen und intrahypnotischen Mittel, welche Hypnose oder
während der Hypnose verschiedene Wirkungen hervorrufen:
Streichen (oder Hinzeigen) mit oder ohne Berührung; Fixation
, entweder im allgemeinen oder mit stark konvergierten Sehachsen
, oder von glänzenden Gegenständen, oder der Augen des
Hypnotiseurs; lautes Geräusch; monotone Geräusche; Magnete,
Kristalle, Metalle; starke Konzentration oder exspektative
Aufmerksamkeit; Suggestion; Autosuggestion und telepathische
Einwirkungen. Die jetzt herrschende Theorie behauptet, daß sie in
suggestiver Weise — direkt oder indirekt — wirken, während viele
nicht zu vernachlässigende Forscher für die Ansicht eintreten, daß
wenigstens einige dieser „spezifischen" Mittel in irgend anderer
Weise wirken. Verfasser bringt nun einen präliminaren Bericht
über die bisher gewonnenen Eesultate seiner eingehenden Untersuchungen
über ein einziges dieser Mittel, das Streichen ohne Berührung
(franz. „passes"), wobei er die Problemstellung, die Versachsanordnung
und die Ergebnisse eingehend beschreibt und seine
Beobachtungen, speziell .über die von Gharcot so genannte neuro-
und tendino-muskuläre Übererregbarkeit, mitteilt. Die Versuchsanordnung
ist so ausführlich geschildert, daß jedermann mit geeigneten
Versuchspersonen wenigstens den Mauptversuch nachmachen
und bestätigen kann. Wir sind darnach zu der Annahme gezwungen
, daß die betreffenden Erscheinungen durch eine direkte,
eigentümliche, spezifische Wirkung von den Händen der Experi-
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