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66 Psychische Studien. XLI. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1914.)

und Mr. Lincoln stand auf der Schwelle der Türe. (Er
sagte uns später, daß er die ersten Töne auf der Treppe
gehört hatte und im Takte der Musik hierher gegangen
sei.)

8 BMr. und Mrs. Laune und Mrs. Miller wurden vor-
gestellt. Dann wurde ich zu ihm geführt. Er stand vor
mir, groß und gütig, mit einem Lächeln in den Zügen.
SeineSHand «/me?» Haupt legend, sagte er in hunfor-
vollem Tone zu mir: „So, das ist unsere kleine Nettie, von
der wir so viel gehört haben ?" Ich konnte nur lächeln
und sagen: „Ja, Sir," wie ein Schulmädchen. Er führte
mich höflich zu einer Ottomane, nahm sich einen Stuhl
neben mir und stellte mir in freundlicher Weise Fragen
über meine Mediumschaft. Ich glaube, er muß mich für
einfältig gehalten haben, denn meine Antworten kamen
wenig über „Ja" und „Nein" hinaus. Dennoch war er
geistreich und liebevoll. Man kam überein, Zirkel zu
bilden. Er sagte: „Well, wie machen Sie das?" und sah
mich an. Mr. Laurie kam zu Hilfe und antwortete, daß
wir gewöhnlich in einem Kreis säßen und die Hände vereinigten
, daß er aber glaube, es sei dies jetzt nicht nötig.
Während er noch sprach, verlor ich vollständig das Bewußtsein
von meiner Umgebung und kam unter „Kontrolle".
Ich sprach dann länger als eine Stunde zu Mr. Lincoln
und, wie ich von meinen Freunden später erfuhr, von
Dii'gen, die er ganz zu verstehen schien, während erstere
nur wenig begriffen mit Ausnahme dessen, was sich auf
die vorbereitete „Emancipation Proclamation"*) bezog. Der
Präsident wurde dabei mit allergrößtem Ernst und mit
Nachdruck beauftragt, die Worte nicht abzuschwächen und
ihre Kraft als ein Gesetz über das zu eröffnende Jahr hinaus
nicht zu zerstören; es wurde ihm versichert, daß es die
krönende Tat seiner Amtsführung und
seines Lebens sein werde. Trotz des gegenteiligen
Rates von anderer Seite müsse er solchen
Rat nicht beachten, sondern fest halten
an seinen Uberzeugungen und das Werk
furchtlos vollenden und die Mission ausführen
, für die ihn eine höhere Vorsehung
auserwählt habe.

Die Anwesenden erklärten, daß sie das schüchterne
Mädchen vergaßen bei der Majestät der Sprache, der Kraft
und Stärke des Ausdrucks und der Tragweite dessen, was
vorgetragen wurde; es schien wirklich, als ob ein großer

*) Es handelte sich um die Befreiung der Negerrasse. — Red.