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Clericus: Zum Phänomen der eingebrannten Hand
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der ganzen Gemeinde) mit dem Vorabend am Samstag,
dem „Feierabend", begann, nicht zu den schwersten Verfehlungen
, Allein über die Gerichte Gottes wissen wir
nichts auszusagen und, wer glaubt, eine so lange Strafzeit
nicht mit seiner Auffassung von der Barmherzigkeit Gottes
vereinen zu können, der wird vielleicht zur Erklärung
lieber den von du Prel geprägten Bogriff des Monoideismus
herbeiziehen, wonach die Sterbende durch die Nichterfüllung
ihres Gelübdes noch im Jenseits so lange beunruhigt
w/rde, bis es ihr möglich war, sich Zu manifestieren. D?ß
diese Manifestation aber erst so spät möglich war, das war
vielleicht, von anderen Verfehlungen abgesehen, auch die
Strafe für die leichtsinnige Nichtausführung des gemachten
Gelübdes. Dies wird ja auch
durch die Worte der „armen
Seele" ausdrücklich bezeugt,
immer vorausgesetzt natürlich
, daß wir es mit einer
echten Manifestation hier zu
tun haben (s. Abb. I).
übrigens bekenne ich, daß
ich mit dem Begriff „Monoideismus
" nicht recht sympathisieren
kann und viel
lieber am Gedanken des Apostels
Paulus festhalte: „Es ist
dem Menschen gesetzt, einmal
zu sterben; darnach aber das
Gericht." Mir erscheint durch
letztere Auffassung die Würde
des menschlichen Geistes, wie Abb. i.
die des Moralgesetzes, viel
besser gewahrt. Man lese nur z. B. das von Zingaropoli
wiedergegebene Zitat aus Cavalli:*) „Es ist nicht zu verwundern
, wenn die posthume Autosuggestion so übermächtig
ist, daß sie den Gipfel des Monoideismus erreicht, der den
krankhaften Zustand eines Geistes mit allen Zeichen des
geistigen und moralischen Wahnsinns auf Jahrhunderte
verleugnen kann. Hierbei sind allerdings leichte Intervalle
und stellenweise vernünftige Zustände nicht ausgeschlossen,
wie man dies ja auch bei unseren Geisteskranken bemerkt."
Daß dann, wenn im Tode die irdischen Hüllen gesunken
sind und damit das materielle Substrat des Geistes, in dem
*) Vergl. Petfr, ,.Das Phänomen der eingebrannten Hand" im
Februarlieft der „Übersinnl. Welt" 1912, 8. 62.
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