http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1914/0094
Mänig: Zur Methode der Transzendentalforschung. 87
stehen sich in diesem Falle die beiden Erklärungen, die
normale wie die transzendentale, als gleichwertig gegenüber.
Wie ist dann die Entscheidung zu fällen? Die Wissenschaft
wird natürlich auch hier mit den früher dargelegten
Grundsätzen die normale Erklärung vorziehen, da die transzendentale
Möglichkeit selbst erst erwiesen werden müsse,
aber wir haben schon gesehen, daß diese Möglichkeit auch
nicht wiederlegt ist; es muß also in einem Falle wie in
dem hier in Frage stehenden mit ihr gerechnet werden.
Damit ist also auch hier nichts anzufangen, und es
bleibt nur ein anderer Ausweg: ist das Eingreifen einer transzendenten
Welt in die unsere nicht von vornherein unwahrscheinlicher
als z. B. ein seelischer Vorgang im Unterbewußtsein
des Menschen im pathologischen Zustande usw.? Diese
Frage könnte natürlich nur auf rein empirischem Wege
gelöst werden d. h. man müßte, um diese Frage zu beantworten
, alle diejenigen Fälle zusammenrechnen, in denen
pathologische Phänomene von angeblich außerirdischer Beeinflussung
, aber natürlichen Ursprungs, zu verzeichnen
wären, und dazu alle diejenigen Erscheinungen, bei denen
nur ein transzendentaler Ursprung in Frage kommen konnte;
daraus wäre dann natürlich das Verhältnis beider Faktoren
abzuleiten. Ja man brauchte dazu nicht einmal sämtliche
Phänomene aus diesem Grenzgebiete, sondern könnte sich
bei obiger Berechnung nur auf eine bestimmte Zeit beschränken
, solange nicht nachgewiesen wäre, daß diese Zeit
für die Phänomene selbst eine anormale war d. h. solange
feststeht, daß in der dafür gewählten Zeit die Umstände
für die Hervorbringung beider Arten von Phänomenen
nicht anders waren als sonst.
Ist nun wenigstens auf diese Weise zu einem Resultate
zu gelangen? Die ganze Berechnung würde von vornherein
nur relativ und ungenau sein können d. h. die Sicherheit,
die sich daraus für einen jetzt vorkommenden Fall ergeben
würde, würde nur dem Durchschnitt nach berechnet werden
können. Das wäre natürlich noch erträglich, dagegen bleibt
der Einwurf: kann man überhaupt sagen, daß die Umstände
für die Hervorbringung wirklich okkulter Phänomene immer
die gleichen sein müssen? Diese Ursachen können natürlich
entweder im Normalen oder im Transzendenten liegen.
Für die normalen Verhältnisse läßt sich die Frage offenbar
mit Bestimmtheit entscheiden bezw. mit Sicherheit bejahen:
es wird, wenn nicht ganz besondere Umstände (z. B. Zeiten
großer religiöser Erregungen) vorliegen, zu jeder Zeit hysterische
und pathologische Personen geben, bezw. solche, die
zu gewissen Zeilen ihres Lebens (z. B. in der Pubertät)
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1914/0094