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Hänig: Zur Methode der Tianszendentalforschung. 89
Scheidung unmöglich, wenn wir bis zu dem absoluten Tatbestande
der Sache selbst vordringen und uns nicht bei
einer Erklärung beruhigen wollen, die dem Standpunkte
entspricht, den wir zufällig bei der Beurteilung eines Phänomens
einnehmen.
Möglichkeit ist also noch keine Sicherheit; ich glaube
also, daß man, solange nicht der Nachweis erbracht ist, daß
es überhaupt keine transzendente Welt gibt oder ihr Eingreifen
in die unsere ausgeschlossen ist, in diesen Fällen
auf ein Urteil besser verzichten dürfte. Daher sind solche
Fälle aus dieser Forschung auszuscheiden; vorher aber ist
zu versuchen, ob sich nicht doch auf Grund einer den
betreffenden Tatsachen entsprechenden Wahrscheinlichkeitsrechnung
zu einer wenigstens nur annähernden Entscheidung
kommen läßt. Hier ist natürlich noch größere Erfahrung
wie bisher nötig. Damit ist also gesagt, daß durchaus nicht
überall in der Transzendentalforschung eine Entscheidung
getroffen werden kann, daß von vornhlrein eine Reihe voS
Phänomenen wegfällt und daß sich die Wissenschaft eben
mit jenen begnügen muß, die eine Entscheidung gestatten.
Zurückhaltung ist jedenfalls auch hier als grundlegendes
Prinzip zu empfehlen: besser gar kein Urteil als ein voreiliges
, das nur einige Tage alt wird, um von einer anderen
Tatsache umgestoßen zu werden.
Es ist an der Zeit, uns nach den Beispielen umzusehen,
die diesen theoretischen Betrachtungen vorangestellt wurden,
um zu prüfen, wie weit sich jene Kritik an ihnen verwirklichen
läßt. Es möge überall die Kritik vorangestellt
werden, die die Wissenschaft an diesen Phänomene übt, und
zwar erstens von dem Standpunkte aus, bei einer normalen
Erklärung zu bleiben, solange eine solche nicht ganz und
gar unmöglich ist, und zweitens mit dem Prinzipe, so lange
eine normale Erklärung anzunehmen, als keine Faktoren
dagegen sprechen, *d. h. solange diese Erklärung eben ungezwungen
ist und uns nicht nötigt, davon abzugehen.
Wie wird nun die wissenschaftliche Erklärung im ersten
Falle lauten? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: a) es
existierte ein persönlicher Urheber dieser Geräusche, der sich
vor den Hausbewohnern zu verbergen wußte. Dabei hörte
auch der Nachfolger des Pfarrers diese Geräusche, ohne daß
ihn sein Vorgänger davon benachrichtfgt hatte; die betreffende
weibliche Person verfiel unterdessen in Halluzinationen
, indem sie sich einbildete, daß der Urheber nur
ein „Geisttt gewesen sein könne und daher diesen „Geist*
in ihren Phantasien zu sehen glaubte. Oder ß) es lag eine
Kollektivhalluzination vor: (1.) der Pfarrer H. hatte, in dem
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