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Zanzinger: Der Spiritismus und seine Probleme. 101
Schwingungsstadium, in dessen Schnelligkeits-Maximum sich
auch keine elektrische Wirkung, also nichts mehr nachweisen
läßt. Trotzdem entwickelt sich unter einer fortgesetzten
Zunahme daraus das Licht, d. h. eine Klasse von Vibrationen
, welche die Wärme- und die chemischen Strahlen
von Infrarot bis Ultraviolet in sich schließt.
Und schließlich, nach einem uns abermals unerkenntlichen
Zwischenreich ständig zunehmender Schwingungen,
entstehen die X-Strahlen, um wiederum in ein für uns zur
Zeit nicht existierendes und unverwendbares Gebiet überzugehen
. Wo jedoch das menschliche Ohr keinerlei Empfindungen
mehr aufzufangen vermag, — das Hörorgan
des „Wilden" ist weit empfindsamer, als das des Kulturträgers
! —, kann von vielen Tieren noch ein Geräusch
vernommen werden. Ebenso nimmt die photographische
Platte noch deutlichere Eindrücke auf, wo die Netzhaut
des menschlichen Auges längst versagt hat. —
Des Weiteren läßt sich die Beschränktheit unseres Gefühles
nachweisen, wenn wir ein Thermometer an die
linke Seite des sichtbaren Sonnenspektrums halten, jenseits
von der als rot erkannten Farbenskala. Es wird dann
steigen und uns damit den Beweis liefern, daß noch andere,
für unsere Sinne, — unser Auge! — un wahrnehmbare
Wärmestrahlungen vorhanden sind. Und dabei beherrscht
die Wissenschaft ihre Beobachtungen doch so bestimmt, mit
solcher Sicherheit darf sie mit ihren Schlüssen operieren,
so fest hat sie die einmal gewonnenen Kräfte in der Hand,
daß ihr sogar das kühne Experiment gelungen ist, den
Ton in Licht zu verwandeln und darauf durch Vermitte-
lung einer galvanischen Batterie wiederum Schallwellen zu
erzeugen! (Bekanntlich eine Leistung des Chemikers Bell).
„Wir haben es so herrlich weit gebracht, und doch mußte
einer unserer Klügsten das tapfere, ehrlich - offene Wort
aussprechen: „Ignorabimus* !tt
Warum also sollte es nun unmöglich sein, daß auch die
spiritistischen Erscheinungen die Umsetzung von Kräften bedeuten
, deren Erkenntnis unser Wahrnehmungsvermögen bis
heute überschritten hat und die wir uns vielleicht sogar einmal
in irgend einer Weise, jedenfalls aber in ganz anderer, als
es zur Zeit geschieht, nutzbar machen können? Deren
aphoristische Ablehnung, deren Erklärung mit Taschenspielerei
, Betrug und Sinnestäuschung ist sicherlich gänzlich
unberechtigt. Ist doch auch der Wert des Goldes
deswegen nicht abzustreiten, wenn einmal arge Fälschungen
vorgekommen sind! Und auch die Absonderlichkeit gewisser
Manifestationen darf für uns kein Hindernis bilden
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