Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
41. Jahrgang.1914
Seite: 109
(PDF, 179 MB)
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Scheel: Hat Jesus gelebt?

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Christusmythe zu folgen und ihnen das Verdienst zuzusprechen
, daß sie durch die Formulierung eines wirklichen
Problems die wissenschaftliehe Erkenntnis gefördert
hätten. Werden nicht neue Waffen geschmiedet und wird
nicht eine bessere Methode angewendet, so dürfte die
„Christusmythe* so schnell, wie sie auf die Tagesordnung
gesetzt wurde, wieder abgesetzt werden, und die Reservaterkenntnis
einiger Kreise bleiben, die historischer Arbeit
und geschichtlichem Denken zu fern stehen, um durch
historische Beobachtungen und Erwägungen sich überzeugen
zu lassen. Historische Phantasien agitatorisch zu
verbreiten, ist leicht. Schwieriger ist es, die historische
Kleinarbe't so vorzulegen, daß auch solche, die nicht beruflich
sich mit ihr befassen können, das Maß der Dinge
unverkürzt erkennen.

Immerhin sind doch einige Fehler der „Mythologen"
so elementar, daß jeder sie zu sehen vermag, der den Blick
für das Natürliche hat. Großen Eindruck hat der Satz gemacht
, daß nicht christliche Quellen über die Person Jesu
sich ausschweigen. Von allen Historikern des ersten
christlichen Jahrhunderts und darüber hinaus seien nur bei
Tacitus und Sueton kurze Andeutungen, noch dazu Fälschungen
. Das Letztere ist freilich nicht der Fall. Tacitus weiß
sogar mehr, als er mitteilt. Und wie die übrigen Historiker
der Kaiserzeit berichtet haben, wissen wir nicht.
Denn ihre Schriften sind nicht erhalten. So fehlt jede
wissenschaftliche Kritik in der Bewertung der außerchristlichen
Zeugnisse, und es wird vollends übersehen, daß im
ersten Jahrhundert ein Abendländer ebenso wenig Anlaß
hatte, über Jesus zu berichten, wie heute ein westeuropäischer
politischer Historiker über einen russischen Sektenstifter
. Der Christusmythos hat aber nicht existiert. Hier
ist man jeden Beweis schuldig geblieben. Angeblich sollte
die in den orientalischen Mysterien vorhandene Idee vom
sterbenden und auferstehenden Gott (Attis, Adonis, Osiris)
und die jüdischen Vorstellungen vom sterbenden und auferstehenden
Messias die geschichtliche Person Jesu ersetzen
, die erst nachträglich in den Mythos hineingedichtet
sei, nach 70 und noch später, oder als Erfindung der
Judenchristen gegen die Pauliner. Die Mysterien sind
aber noch keineswegs so eingehend erforscht, daß sie geschichtlich
genau bekannte Größen wären. Hier ist noch
vieles unsicherer, als von den Mytbologen behauptet wird.
Vor allem aber ist der Mythos vom sterbenden und auferstehenden
Gott ebensowenig nachgewiesen, wie der sterbende
und auferptandene jüdische Christus. Es war aber


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