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132 Psychische Studien. XLI. Jahrgang. 8. Heft. (März 19H)
Maxwell, dieser Glaube nicht beweisbar; er ist von metaphysischer
Art, wenigstens jetzt noch. Die Tatsachen,
welche ihn zu bekräftigen scheinen — und die ich oft beobachtet
habe — können durch Phantasie und Zusammentreffen
(„coincidenza") erklärt werden. Die Psychologie des
Unterbewußtseins bringt keinen Beweis für die Rei'nkar-
nation .... Ich verstehe die Bei'nkarnation nicht anders
als durch Evolution geregelt. Das Vergessen der früheren
Leben ist eine normale Erscheinung, welche in gleicher
Weise wie die gewöhnliche „Amnesie" (Gedächtnisschwäche)
erklärt werden kann. Die Erinnerung an ein früheres
Leben wäre nicht vereinbar mit der individuellen Ent-
wickelung unseres materiellen Gehirns. Das Gegenteil
würde uns überraschen.tt —
Leider hat Th. Flournov. der berühmte Genfer Ge-
lehrte und Forscher, auf okkultistischem Gebiete sich mit
einer eingehenden Beantwortung der Umfrage nicht beschäftigen
können. Mir scheint aber die von ihm niedergelegte
Ansicht wichtig, daß man auch an die Unsterblichkeit
der Seele und das persönliche Fortleben ohne
Keinkarnation denken kann und daß die zur Stütze der
Hypothese ins Treffen geführten Tatsachen nicht ganz
überzeugend sind. —
Sehr ausführlich äußert sich Prof. Enrico Morselli
von der Universität Genua und zwar in gänzlich ablehnender
Weise, offen und frei, was der Gelehrte
a prior* betont: „Ich betrachte die Lehre von der ReYn-
karnation als eine Phantasterei, die jeder Basis entbehrt,
als einen Glauben sentimentalen Ursprungs, für den es daher
einen wahren vernünftigen Beweis nicht gibt." Prof.
Morselli sieht in der Lehre nur ein Überbleibsel abergläubischer
Begriffe, mit denen man sich einbildet, unlösbare
Probleme erklären zu können. Noch mehr, er hält
die Rei'nkarnation der Hauptsache nach für identisch mit dem
grotesken Glauben an die Seelen Wanderung, wrie er bei don
alten Ägyptern herrschte. Ete handelt sich, sagt der Gelehrte
, immer um die Wanderung der „angenommenen
menschlichen Seele44 durch verschiedene Körper und
Organismen, dort tierische, hier menschliche: —
Nach Prof. Morselli „kann die Lehre von den aufeinanderfolgenden
Existenzen angesichts des Fortschritts
des wissenschaftlichen und philosophischen Denkens nur
historischen und ethnographischen Wert haben. Für uns
Moderne, die nach Kant gekommen sind, nützt es nichts,
daß diese Lehre in den metaphysischen Systemen des
Empedocles und des Plato und in den ultramystischen
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