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138 Psychische Studien. XLI. Jahrgang. 3. Heft. (März 1914)
Es besteht ferner der Einwand gegen die Theorie der
Palingenesis, daß wir uns doch unserer früheren Verkörperungen
erinnern müßten. Ohne Zweifel ist diese Erinnerung
kaum wünschenswert; indes sie kann nicht stattfinden
, da wir gegenwärtig ausschließlich im Bewußtsein
unserer Persönlichkeit leben. Erst wenn wir eine viel
höhere Entwicklungsstufe erreicht haben, wenn die Ver-
einigung des Bewußtseins-Zustandes der Persönlichkeit mit
dem Bewußtseins - Zustande der Individualität erreicht ist,
kann in uns die Erinnerung an frühere Erdenleben erwachen
, da sich nicht die Persönlichkeit, die Seele, wieder-
verkörpert, sondern nur die Individualität, der Geist.
Dies sind, wie erwähnt, nur die Grundzüge der Anschauungen
des deutschen Gelehrten. Der Leser findet die
Frage der Palingenesis ausführlich erörtert in der geistreichen
Schrift Dr. Hübbe-Schleidens „Das Dasein
als Lust, Leid und Liebe* (1891). (Schluß folgt.)
Zum Phänomen der eingebrannten Hand.
Zweite Folge.
Von Dr. .1. Clericus.
(Schluß von Seite 75.)
Im Archiv der Pfarrei Kranzberg a. xVmper (Oberbayern
) befindet sieh eine Aufzeichnung des Pfarrers Jakob
Hagn aus dem Jahre 1726. Es heißt da, daß im Hochaltar
ein Marienbild eingesetzt sei, „wodurch solche Hülff Besch
eh u , daß anno 1681 eine arme Seele namens Anna
Rattin, Zimmermännin von Neustift (bei Freising) aus dem
schmerzlichen Feuer erlöst und in den Himmel aufgenommen
wurde, die zum Zeichen ihrer Erlösung die Hand
in ein Tüchl eingebrannt und der Welt hinterlassen". *) —
Durch den Kapuzinerpater Hilarius von Altötting
erhielt ich die Photographie nebst Glasplatte einer eingebrannten
Hand (s. Abb. 3), die der Bruder des Paters
nach dem Original photographierte. Das Tuch ist im Besitze
des Barons Vequel -Westernach auf Schloß Kronburg
bei Memmingen. Dem Tuche liegt nur die Notiz bei: „Ein
Serviet mit einer eingetruckten gebräunten Hand, welches
von einem erlösten Geist seyn soll."
Von demselben Geistlichen ward mir eine weitere
photographische Abbildung einer Hand (g. Abb. 4) zur
Verfügung gestellt, deren Original in Tirol aufbewahrt
*) Die Urkunde wurde mir durch Herrn Pfarrer Reichl zu
Kranzberg zur Verfügung gestellt.
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