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Bürk: Seele und Haare
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Dingen auf das Innenleben Schlüsse zu ziehen, vor allem
aber den Geist, bezw. die Seele zu fassen suchen. Dabei
wird er überall auf das Prinzip von der Erzeugung, Erhaltung
und zielbewußten Verwendung der Energie geführt
werden. In der Oktobernummer der „Psych. Studien* von
1912 habe ich versucht, Kohlensäure in Verbindung mit
tierischer Elektrizität als bewegendes Agens lebendiger Geschöpfe
darzustellen. Diese Ansicht zu stützen und den
Gedanken weiter auszuführen, möchte ich einige Andeutungen
über das oben genannte Thema machen.
Man weiß, wie Atmen und Arbeiten in engster Beziehung
zu einander stehen, so daß nach alter Anschauung
Atmen für Leben, für Geist gesetzt werden kann. Eine
Frage, die sich bei Betrachtung der Atmungs- und Lebenstätigkeit
ergibt, ist die: Wohin geht die nicht in Arbeit
verwandelte Kraft? Das lebende Geschöpf ist kein „per-
petuum mobileÄ, es muß wie eine Maschine Kräfte auf-
nehmen, einen Teil (etwa ein Viertel) zu äußerer Bewegung,
einen anderen zu chemischer Umbildung verwenden und
den Best abstoßen. Das Letztere geschieht durch Lunge
und Haut in Form voa CO2, Elektrizität und Wärme. Bei
einer mechanischen oder seelischen Bewegung findet darum
ein Entweichen von Kraft statt, die unbenützt für uns verloren
geht. Geschieht das nicht mehr, so haben wir den
höchsten Grad von Vollkommenheit in unserem Aufbau
erreicht. Doch werden wir mit dem Auffinden neuer
Kräfte alsbald auch wieder Wege suchen, sie voll und ganz
auszunützen, was nicht auf das erste Mal gelingen wird.
Einstweilen verfolgt uns auf Schritt und Tritt das Gesetz
des Sparens, das sich namentlich bei höher entwickelten
Geschöpfen zeigt. Von den Mitteln, diese Sparsamkeit anzuwenden
, möchte ich die Bedeckung, insbesondere die des
Menschen, herausheben.
Ein Naturforscher stellt bei Betrachtung der Tierwelt
den Satz auf: „Zeige mir dein Gebiß, und ich will dir
sagen, wer du bist!* Weiter wird man kommen, wenn man
nach der Bedeckung der Tiere fragt. Den Vogel kennt
man an den Federn, ebenso andere Tierklassen und Arten
an der äußeren Bedeckung. Dieses Naturkleid bildet die
Grenze zwischen Innen- und Außenwelt. Hier schaut die
ganze Welt hinein, die ganze Welt heraus für den, der zu
sehen vermag. Warum haben die Vögel Federn, Säugetiere
eine behaarte, Fische eine schuppige Haut? Man
sagt, zu ihrem Schutz gegen äußere Einflüsse. Jawohl,
aber warum so verschiedene bei den zwei ersten Klassen?
Alle die Einge, Glieder, Schuppen, Häkchen, Borsten,
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