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260 Psychische Studien. XLI. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1914.)
v. Schrenck und in jenem der Mme. Bisson reproduziert
waren, betreffen. Wir kommen auf diese, die bisher besprochenen
Angriffe entschieden überragenden Konstruk-
tionen der gegnerischen Phantasie im nächsten Heft zu
sprechen. (Fortsetzung folgt.)
Antrittsrede
von Prof. Dr. Heinrich Bergson als Präsident
der Londoner „Gesellschaft für psychische
Forschung"*)
(gehalten am 23. Mai 1913).
(Fortsetzung von Seite 214.)
Dieselbe Empfindung, dieselbe Geringschätzung des
Konkreten auf Grund der Einwürfe, die man gegen diesen
oder jenen Schluß erhebt, tritt uns immer und immer
wieder entgegen. Ein Beispiel möge zur Aufklärung dienen:
Vor kurzem wohnte ich einer Veranstaltung der vornehmen
Gesellschaft bei; das Gespräch kam auf besagte Erscheinungen
und in Sonderheit auf die Telepathie. Einer der bedeutendsten
Ärzte der Gegenwart war zugegen, der auch
gleichzeitig einer unserer ersten Gelehrten ist. Nachdem
er aufmerksam einige Zeit zugehört hatte, ergriff er das
Wort und drückte sich dann etwa folgendermaßen aus:
„Alles, was ich da höre, ist von ungeheurem Interesse für
mich; doch möchte ich bitten, nicht zu voreilig im Schlüsse
zu sein und erst länger darüber nachzudenken. Auch mir
ist ein gar außerordentlicher Fall bekannt. Die Echtheit
desselben kann ich verbürgen; er wurde mir von einer
höchst gebildeten Dame berichtet, deren Wort mir absolutes
Vertrauen einflößt. Der Gatte dieser Dame war Offizier
. Derselbe fiel in einem Treffen. In dem Augenblick,
als dies geschah, sab seine Frau plötzlich den ganzen Hergang
mit allen Einzelheiten, die, wie sich später ergab,
genau den Tatsachen entsprachen. Daraus würden sie vielleicht
den Schluß ziehen, daß diese Dame ein sogenanntes
Hellgesicht gehabt habe, daß hier ein Fall von Telepathie
*) Der französische Philosoph Prof. Henri Bergson in
Paris ist laut Zeitungsnotiz aufgefordert worden, im Monat April
er. elf Vorlesungen in Edinburg zu halten. Er hat der Aufforderung
Folge geleistet und als Thema „Die menschliche Persönlichkeit
" gewählt. Die Vorträge haben bis auf zwei, die auf besonderen
Wunsch der Universität Edinburg in englischer Sprache gehalten
werden sollten, in französischer Sprache stattgefunden.
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