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F. D.: Ein neues Trompeten»Medium
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seiner Familie trafen, bat er mich einige Lieder für ihn auf
dem Klavier zu begleiten. Dann sang er aber keine klassischen
, sondern nur solche, die noch von seiner fröhlichen
Studentenzeit herstammten.
Nachdem sich ein „Onkel Johann" (etwas undeutlich)
bei mir gemeldet, sagte „Harmonie", und zwar auf englisch:
„Ihr Bruder Karl ist hier und auch Ihr Vater, der eines
plötzlichen Todes gestorben iöt.Ä Darauf hörte ich deutlich
und auf deutsch: „Ja, ich bin es, dein Vater!* Ich erkannte
dessen Stimme sofort, obwohl ich ihn schon in meiner
frühen Jugend durch einen Schlaganfall verloren habe. Mein
Vater versuchte dann noch einige intime Mitteilungen zu
machen, die ich aber nur teilweise, wie z. B. „Briefschreiben"
verstehen konnte; denn mir gegenüber sprachen zu gleicher
Zeit eine andere Stimme und der männliche Kontrollgeist. Dann
meldete sich noch William Stead und der jüngst verstorbene
Professor Bussel Wallace. Beide sprachen in ihrer ruhigen
charakteristischen Weise mit einem anwesenden wohlbekannten
Londoner Arzt.
Nun wurde nochmals eine Hymne gesungen, Mrs. Harris
sprach mit ihrer natürlichen Stimme einige belehrende Worte
und verließ mit einem freundlichen „Gute Nacht14 das Zimmer.
Als dasselbe wieder erhellt wurde, bemerkten wir, daß eine
der Trompeten auf dem Boden lag, die andere aber lehnte
auf dem Stuhl des ebenerwähnten Arztes. Die meisten der
Anwesenden sprachen sich sehr befriedigt aus, andere gingen
vielleicht etwas enttäuscht weg, weil niemand für sie manifestiert
hatte; aber, wie Mrs. Harris in ihrer kurzen Anrede
bemerkte, das Medium ist nur ein Verbindungsmittel und
kann nicht auf Gefallen einen oder den andren Geist erseheinen
lassen, denn Geister, sowohl wie Medien, sind
gewissen Gesetzen unterworfen. —
Was auch die Kritik über Trompeten-Sitzungen sagen
mag, oder wie auch die gelehrten Herren der Wissenschaft
ein solches Phänomen erklären mögen, ein Ding ist sicher,
daß dieser Verkehr mit unseren Verstorbenen einen tiefen
Eindruck macht.
Einige Tage nach der Sitzung hatte ich eine persönliche
Unterredung mit Mrs. Harris und frug dieselbe unter anderem
, ob sie der deutschen Sprache mächtig wäre. Sie
erwiderte, daß sie wohl eine deutsche Unterhaltung verstehe
, aber kaum Anteil daran nehmen könne. Ich glaube
dies gern, der Art und Weise nach zu schließen, wie Mrs.
Harris einige Antworten auf deutsch gab, oder vielmehr
^eben wollte. Der Versuch, z.B. „Psychische Studien* auszusprechen
, gelang ihr durchaus nicht; die Worte blieben
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