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306 Psychische Studien. XLI. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1914.)
geworden war, begannen die beiden Männer schon an ihrer
Rettung zu verzweifeln. Erst nach 11 Stunden schlug der
Wind, der bisher von Nord-Osten geweht hatte, in Südwind
um und trieb das Boot auf den Sand der Küste von
Botany Bay. Das Journal wirft die naheliegende Frage
auf: besitzt eine Dogge hinreichende Intelligenz, um aus
gewissen Anzeichen auf das Herannahen eines Sturmes zu
schließen oder handelt es sich nur um unbewußten Instinkt,
der aber so fein entwickelt ist, daß er alle menschliche
Verstandesberechnung weit hinter sich läßt. Wir glauben
in diesem Fall das Letztere.
d) Ein wunderbarer Traum. Von einem Traum
und einer seltsamen Lebensrettung erzählt Graf Baudissin
in seinem einst sehr bekannten, jetzt aber.längst vergessenen
Buche „Schleswig-Holstein meerumschlungen". Er schreibt:
„Der Kammergerichtsreferendar Karl Krohn, Landwehroffizier
, wurde im November 1863 wo noch niemand an den
Krieg mit Dänemark dachte, von seinem Freunde Ernst
Hummel, der dieselbe Zivil - und Militärcharge bekleidete
, mit der Nachricht überrascht, daß er ihm (Rummel)
bei Missunde das Leben retten würde. Rummel hatte
einen Traum gehabt, in dem ihm dies deutlich verheißen
worden war; er erinnerte sich jedoch nicht, den Namen
Missunde zuvor gehört zu haben, und die beiden Freunde
schlugen unter Scherzen und Lachen im Konversationslexikon
nach, um sich zu überzeugen, ob es einen Ort
dieses Namens gäbe und wo er liege. Wenige Tage nachher
wurden Krohn und Rummel zum Dienst einberufen;
Krohu kam zum sechzigsten, Rummel, wenn ich nicht irre,
zum fünfzigsten Regiment. Die Marschordre traf die beiden
Freunde, denen das Leben in Berlin viel besser gefiel als
das Biwakieren im Schnee, wie ein Blitz aus heiterer Höhe.
Rummel tröstete sich aber, denn er war von der Idee nicht
abzubringen, daß Krohn ihm bei Missunde das Leben retten
würde, obgleich ihm die Sache selbst etwas erschwert vorkam
, nachdem sie zu verschiedenen Truppenkörpern kommandiert
worden waren. Sie hatten sich mehrere Wochen
nicht gesehen. Keiner wußte, wo das Korps des anderen
stand, als sie beide gegen Missunde vormarschierten und
beide mit ihren Abteilungen über das Eis gingen. Krohn
lag gedeckt hinter einem Knick und ermahnte seine Leute,
ruhig zu feuern, als er plötzlich dicht neben sich Rummel
bemerkt, der eben angekommen ist und voll Begeisterung
stürmen will. Überrascht durch das unerwartete Begegnen,
ruft er mit lauter Stimme: „Rummel!* Der Gerufene dreht
sich rasch um, und in demselben Augenblick streift eine
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