Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
41. Jahrgang.1914
Seite: 355
(PDF, 179 MB)
Bibliographische Information
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Kaindl: Über wahre und falsche Moral. 355

laufenden Ursachen auf einmal voraus und der Geist des
Schicksals steht vor mir.* —

„Auch des Menschen Tun
Ist eine Aussaat von Verhängnissen,
Gestreuet in der Zukunft dunkles Land,
Den Schicksalsmächten hoffend übergeben."

Wenn man das Leben und Treiben der modernen
Menschheit in diesem Lichte betrachtet, so wird man sich
gestehen müssen, daß es die denkbar schlechteste Aussaat
für die Zukunft bedeutet.

Dem herrschenden Prinzip als Egoismus gemäß, sehen
wir jedes Individuum, jedes Geschlecht, jede Familie, jede
Gemeinde, jeden Stand, jede Korporation, jede Partei, jede
geschäftliche Unternehmung, jede Nation, jedes Staatswesen
ausschließlich ihre eigenen Interessen auf Kosten aller
übrigen rücksichtslos verfolgen.

Das Resultat ist ein allgemeiner Kriegszustand und der
Kampf aller gegen alle, de?immer häßlichere Formen an-
nimmt und nur durch ein höchst kostspieliges Gewaltsystem
soweit in Schranken gehalten werden kann, daß er nicht in
ein allgemeines wüstes Gemetzel ausartet.

Die der Menschheit auf diese Weise erteilte Lektion,
daß man den Egoismus nicht ungestraft zum Grundprinzip
sozialer Organisationen machen darf, sondern ihn als etwas
ihnen Feindliches zu betrachten und zu bekämpfen habe, ist
so eindringlich und so oft wiederholt worden, daß man sie
hätte begreifen und beherzigen müssen, wäre der Egoismus
inbezug auf tiefe Wahrheiten nicht von einer Stumpfsinnigkeit
und geistigen Blindheit, die das Sprichwort „Der
Teufel*) ist ein Esel* vollkommen rechtfertigt.

Warum fühlt moderne Intelligenz, die aus den Schachten
der Vergessenheit längst vergangene Ereignisse begierig
aufwühlt, sich angesichts zahlloser Trümmerstätten als
Zeugen untergegangener Kulturen nicht zu der einfachen
und nächstliegenden Frage veranlaßt, welche Ursachen
es waren, die zu solchen Ausgängen führten? Verkennt
sie oder verhehlt sie sich die augenfällige Tatsache, daß
der zerstörende Faktor hierbei immer eigene oder fremde
Selbstsucht gewesen ist?

Die menschliche Intelligenz erweist sich hier als unfähig
, zu erkennen, daß die Selbstsucht sich ewig und immer
selbst ad absurdum führt und daß dies das Walten eines
Gesetzes anzeigt, mit dem sich der Mensch, anstatt es, wie

*) Der Teufel ist hier im Sinne Swedenborg^ als Personifikation
der Selbstsucht aufzufassen.


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