Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
41. Jahrgang.1914
Seite: 406
(PDF, 179 MB)
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406 Psychische Stadien. XLI. Jahrgang. 7. Heft. (Juli 1914.)

werfen und bekämpfen, eine Art Gegenstück zum religiösen
Dogma. Der Unterschied bestehe darin, daß das religiöse
Dogma eine mystisch-moralische Interpretation des Seins
auf Grundlage des Gefühls darstelle, während die Wissenschaft
das Sein mit rein sinnlichen Mitteln zu fassen suche
und jede Erkenntnis, die aus anderer Quelle schöpfe, als
haltlos ablehne. Daraus hat sich das Schlagwort gebildet,
Wissenschaft und Eeligion seien ebenso unversöhnliche
Gegensätze wie materialistische und spiritualistische Lebensanschauung
.

Die Modernisten, meist an weltlichen Hochschulen
weiter gebildete Priester*), hatten den Wert der Wissenschaft
sowohl für das praktische Leben, wie für die Religion erkannt
und darum ein Interesse, jenen Gegensatz auszusöhnen
. Sie griffen das Schlagwort von der Gegensätzlichkeit
der wissenschaftlichen und der religiösen Erkenntnis auf
suchten den Gegner „ Wissenschaft* dadurch zu entwaffnen,
daß sie ihn bloßstellten. Nach Poincarö und Le Roy**)
vermag die Wissenschaft von der Welt nur ein solches
Bild zu vermitteln, wie etwa eine Landkarte von einer
wirklichen Gegend. Nehmen wir eine Karte von Deutschland
her, so sehen wir nicht Deutschland, wie es in Wirklichkeit
aussieht, sondern nur ein System von Strichen, Linien
und Kreisen, die konventionellen Zeichen für Gebirge,
Flüsse, Städte usw., nach denen wir uns wohl orientieren
und einen Begriff von Größe, Ausdehnung, Bevölkerungsdichte
, Fruchtbarkeit usw. machen können, die uns aber die
Gegend nicht anschaulich werden lassen und darum zu einer
Quelle von irrtümlichen Vorstellungen werden können. Es
wird darum keinem Menschen einfallen, diese konventionellen
Zeichen, die dem Bedürfnis nach bequemer Ubersicht entsprungen
sind, für die Wirklichkeit selbst zu nehmen. Genau so
können wir auf metaphysischem Gebiete den undenkbaren
Begriff der Unendlichkeit durch den zahlenmäßigen Aus-

*) Die Kirche übernimmt für diejenigen, die sich dein Priesterstande
gewidmet haben, keiae Vorsorgepflicht. So sehen sich viele
aus dem Seminar entlassenen jungen Leute vor die Notwendigkeit
gestellt, in bürgerlichen Berufen ihr Brot zu suchen. Meist wenden
sie sich dem Lehramt zu. Wenn sie auch daran denken, dieses zunächst
an Schulen, die unter geistlichem Einfluß stehen, auszuüben,
so müssen sie doch ein Staatsexamen ablegen. Das nötigt sie, auf
staatlichen Unterrichtsanstalten Kenntnisse nachzuholen. Dadurch
kommt ihre am kirchlichen Dogma gebildete Denkweise mit der
weltlichen in Konflikt und zwingt sie, sich der letzteren — zum
mindesten äußerlich — anzupassen.

**) Prezzolini, „Der Modernismus.* (Jena 1907) S, 70ff.


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