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Maier: Materialisations-Phänomene
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lisationsexperimente v. Sehrenck-Notzing's und seine umfangreichen
Bücher darüber sind vielleicht bestenfalls eine
Sensation, ein Ereignis sind sie nicht und am allerwenigsten
ein solches von wissenschaftlicher Bedeutung.* —
Nicht wesentlich vorurteilsfreier urteilt der Professor
der Philosophie an der k.k. deutschen Ferdinands-Universität
in Prag, Dr. Christian Freiherr v. Ehrenfels. Er erklärt
von den vorgelegten Fragen nur die letzte beantworten zu
können. Bei der wissenschaftlichen Kritik irgendwelcher
schriftlicher Berichte über sogenannte okkultistische Phänomene
sind nach ihm folgende Möglichkeiten jn Erwägung
zu ziehen: 1. der Verfasser sei intellektuell minderwertig
oder ein krasser Ignorant; 2. ein absichtsvoller und bewußter
Betrüger; 8. ein sogenannter „betrogener Betrüger**, d.h.
ein Mensch, der zwischen wahr und falsch keine scharfe
Grenze kennt, sich in einer Art von intellektuellem Dämmerstand
befindet und an die ihm vorgebrachten objektiven
Unwahrheiten subjektiv bis zu einem gewissen Grade selber
glaubt; 4. ein in hohem Grade suggestibles Individuum,
und zwar suggestibel entweder im Sinne von Fremd- oder
von Autosuggestionen, oder von beiden zugleich; 5. der
Autor sei ein direkt pathologisches, Wahrnehmungs- oder
Gedächtnis-Halluzinationen unterworfenes Individuum, und
zwar pathologisch entweder a) aus Naturanlage, oder
b) künstlich krank gemacht durch systematische Beeinflussung
von außen; denn die von den Okkultisten oft mit
staunenswerter Willenskraft und Beharrlichkeit betriebenen
Übungen, so z. B. die durch Wochen fortgesetzten gemeinsamen
Sitzungen in absolut dunklem Räume und bei absolutem
Stillschweigen, oder die durch Wochen hindurch
festgehaltene Konzentration des Geistes auf ein Phantasiebild
, z. B. einen verbrennenden Menschenleib oder auch nur
ein schwarzes Kreuz mit 7 roten Rosen, was man als
„okkultistisches Training** bezeichnen könne, seien, nüchtern
betrachtet, wohl nichts anderes, als sicher wirksame Mittel,
sich künstlich die Nerven zu ruinieren; 6. endlich, der Verfasser
sei das unschuldige Opfer eines geschickten Taschenspielers
.
Durch eine schriftliche Aufzeichnung bezw. ein Buch,
kann nur die erste der genannten Möglichkeiten ausgeschlossen
werden, 2—6 lassen sich nur durch eingehende
persönliche Bekanntschaft mit dem Autor beurteilen, wobei
seine soziale oder amtliche Stellung auch nur bis zu einem
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