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Maier: M aterialisations-Phänomene
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wir eben deshalb in extenso zum Abdruck bringen. Er
äußert sich folgendermaßen:
„In Beantwortung Ihrer Anfrage möchte ich vor allem,
um jedes Mißverständnis von vorneherein auszuschließen,
betonen, daß es sich in den beiden Werken des Münchener
Gelehrten Dr. v. Schrenck-Notzing durchaus nicht darum
handelt, für den Spiritismus irgend welche Propaganda zu
machen. Der Spiritismus ist eine Hypothese, besser gesagt
vielleicht, ein Glaube, der das Zustandekommen gewisser
psychischen oder psycho-physischen Phänomene durch die
Intervention der Geister verstorbener Personen zu erklären
sucht. Diese Annahme scheint nach dem gegenwärtigen
Stande der Forschung auf dem erwähnten Gebiete gänzlich
unhaltbar zu «ein und wird auch von keinem ernst zu
nehmenden metaphysischen Forscher geteilt. Und so besteht
denn auch Dr. v. Sehrenek-Notzing in seinen beiden
letzterschienenen Werken darauf, daß er die Entstehung
der sogenannten Materialisations-Phänomene durchaus nicht
mit der spiritistischen Hypothese erklären will. Er meint
vielmehr im Einklang mit anderen psychischen Forschern,
daß es infolge uns noch unbekannter seelischer Einwirkungen
bei manchen Individuen (Medien) in gewissen, mehr unterbewußten
Zuständen (Trance) zur spontanen Ausscheidung
einer Materie von vergänglichem Charakter kommen kann,
welche durch die gleiche psychische Einwirkung zu Formen,
Bildern und lebenden Organen ebenfalls vergänglichen Charakters
verarbeitet wird.
Die Frage nach den Entstehungsmöglichkeiten und
-Ursachen dieser materialisierten Produkte läßt der Autor
gänzlich offen, bemüht sich nur gegen Schluß seiner ersten
Arbeit die Anleitung einer „vielleicht möglichen* Hypothese
über das Zustandekommen der geschilderten Phänomene zu
geben, wobei er schließt: „Vorstehende rein hypothetische
Andeutungen haben nur den Zweck, die in diesem Werk
berichteten Wahrnehmungstatsachen aus dem Bereich des
Wunderbaren, der spiritistischen Glaubenslehre in das Gebiet
des gesetzmäßigen Naturgeschehens zu rücken und die Richtung
anzugeben, in welcher vielleicht die Möglichkeit einer
Erklärung gegeben ist". Es handelt sich also dem Münchener
Forscher, wie man vorstehenden Worten und anderen
Sätzen seiner Werke unzweifelhaft entnehmen kann, nur
darum, die Grenzen unseres ISTaturkennens zu erweitern,
nicht aber den spiritistischen Glauben etwa wissenschaftlich
zu stützen.
Während also der wissenschaftliche Beobachter gänzlich
voraussetzungslos an die Erforschung der medialen Er-
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