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Maier: Materialisations-Phäoomene.
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widerlegen. Ich kann diesbezüglich nur auf die Lektüre
des betreffenden Werkes selbst verweisen. Die Rumi-
nationstheorie Dr. Gulat's v. Wellenburg dürfte wohl nach
den letzten Experimenten des Verfassers, wie den Beobachtungen
Prof. Boirac's und Claparedes erledigt sein. Auf
die gegnerische Broschüre der Frau Dr. v. Kemnitz, geborene
Spieß, irgendwie kritisch einzugehen lohnt sich nicht.
Denn wenn eine junge Ärztin mit kaum trockenem Doktordiplom
, ohne jedwede theoretische oder praktische Erfahrung
auf metapsychischem Gebiete, auf Grund einer einzigen Sitzung
mit dem notorisch schwachen Medium Stanislawa J. sich
erkühnt, ein apodiktisch negierendes Urteil abzugeben, so
richtet sich ein derartiges Unterfangen in dem Auge eines
Erfahrenen von selbst. Dies ist genau so, wie wenn Schuljungen
sich über ihren Lehrer lustig machen, dem ein
physikalisches oder chemisches Experiment während des
Unterrichts mißglückt ist. übrigens getraue ich mir auf
Grund eigener Beobachtung an diesem zweiten Medium
Dr. v. Schrenck-Notzing's zu behaupten, daß es trotzdem
noch immer mehr leisten kann, als sich Frau Dr. Kemnitz
träumen läßt. —
Wenn Sie mich weiter fragen, ob die vom Autor berichteten
Tatsachen wissenschaftlich festgestellt sind, so kann
ich nur zur Antwort geben, daß man Berichte dann für
wissenschaftlich festgestellt zu halten pflegt, wenn sie von
einer Reihe angesehener Fachleute bestätigt werden. Obgleich
nun bereits Professor Eichet sich diesbezüglich in
positivem Sinne geäußert hat, auch die Professoren Boirac
und Claparede keine Einwendungen erhoben haben, schließlich
auch der erfahrene de Fontenay, sowie Dr. Bourbon,
welch beide einer großen Anzahl von Sitzungen beigewohnt,
sich durchaus zustimmend ausgesprochen haben, wollen wir
dennoch keinen Enthusiasmus walten lassen, sondern der
Stimme der kühlen Erwägung folgend sagen, daß die Berichte
Dr. v. Schrenck-Notzing's über die Phänomene der
Eva C. noch einer weiteren Bestätigung durch Fachmänner
bedürfen, bevor man sie als wissenschaftlich festgestellt im
strengsten Sinne des Ausdrucks betrachten kann. Der verstorbene
Guillaume de Fontenay hat jedenfalls das richtige
Wort gefunden, wenn er an den vorerwähnten Forscher
schrieb: „Weder Sie, noch ich sind unfehlbar. Auch kein
Physiker, kein Beobachter ist es. Es wäre demnach kindisch,
zu behaupten, daß wir nicht hätten getäuscht werden können.
Aber das, was ich mit vollem Rechte behaupten kann, ist,
daß es mir unmöglich ist, zu erfassen, durch welchen Betrug
wir hätten getäuscht werden können." —
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