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Freimark: Die mediimiistische Kunst im Lichte ihrer Geschichte. 455
in gewisser Hinsicht ist, nur nicht in spiritistischer Bedeutung
, sondern in der einer Vermittel ung zwischen der
Welt des Außen, in der wir alle leben, und der Welt des
Innen, in der jeder sich sein eigenes Leben schafft und
aus der ihm die besondere Farbe seines Daseins quillt.
Den musikalischen Improvisationen kommen die tänzerisch
-mimischen am nächsten, wie sie beispielsweise die bekannte
Schlaftänzerin Magdeleine G. bot, bei der familiär
begründete natürliche tänzerische Begabung und sensitive
Reizbarkeit zusammenwirkten, um ihr in den Momenten
eingeschränkten Bewußtseins beachtenswerte Tanzstellungen
zu ermöglichen. Von der Schlaftänzerin zu den mediumisti-
schen Verkörperungen angeblicher Geistwesen ist nur ein
Schritt. Aber auch diese, oftmals echt künstlerischen
Darbietungen beruhen nicht auf den Einwirkungen fremder
Intelligenzen, sondern sind lediglich eine Folge der Gestalten
bildenden Tendenzen des Unterbewußtseins, wie wir alle
sie im Traume erfahren, und die sich bei sensiblen Individuen
nur stärker und die ganze Persönlichkeit ergreifend
in den traumhaften Zuständen des Trances auswirken. Nur
eine andere Form dieses Auswirkens stellt die schreib-
mediumistische Darstellung des Lebens im „Geisterlande"
dar oder die Schilderung der Schicksale vermeintlicher
Geistwesen, wie sie z. B. die Fürstin Kar ad ja in ihrer
Dichtung „Zum Licht" . bietet. Daß an Stelle der unbekannten
Geist-Verfasser derartiger Gemälde öfters bekannte
Namen aus der menschlichen Geistesgeschichte
treten, kann nur den verwundern, der bei Beurteilung
dieser Erscheinungen die Sympathien und die Neigung ihrer
menschlichen Urheber außer Betracht läßt. Einen der
interessantesten Fälle bietet in dieser Hinsicht die Vollendung
des DickensVhen Romans „The Mystery of Edwin
Drood" durch ein amerikanisches Medium. Leider sind die
Berichte, die wir darüber besitzen, in vielen Punkten derartig
unvollkommen und lückenhaft, daß man von einer
Kritik des Falles absehen muß, „nicht weil die Umstände
ihn unerklärlich machen, sondern weil*, wie ich in der
„Mediumistischen Kunst* ausführte, „die Un-
genauigkeit, mit der über diese berichtet ist, den Schein
des Wunders erweckt, wo vielleicht nichts Anderes vorlag,
als der Trick eines begabten Mannes aus dem Volke."
Ein solcher Schein des Wunders umgab auch die
Äußerungen der malerischen Begabung des Amerikaners
Thompson, die Oberst Peter den Lesern der „Psych.
Studien" im XI. Heft des XXVII. Jahrg. der Zeitschrift
schilderte. Der Sachverhalt sei hier kurz wiederholt.
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