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Freimark: Die medium istische Kunst im Lichte ihrer Geschichte. 457
nach dessen Tode drängt der Wunsch zur Auswirkung.
Daß Thompson vom Tode seines Vorbildes bewußt keine
Kenntnis hatte, ist ihm zu glauben. Demnach dürfte ihm
die Nachricht irgendwie zugekommen sein; er ließ sie unbeachtet
, vergaß sie und nur der erwachende Drang zum
Malen, die Empfindung, Gifford zu sein, zeugen davon, daß
sie in ihm lebendig blieb. Das ist keine Konstruktion, um
der spiritistischen Hypothese auszuweichen. Diese Annahme
hat vielmehr Gründe für sich. Bei der Befragung
der Medien durch Hyslop konnten diese nämlich nie genaue
Angaben über irgend welche näheren Umstände
machen, die Bezug auf Gifford und die Bilder hatten. Sie
redeten nur ganz allgemein davon, daß es zu Thompson als
Führer Beziehungen habe. Und das war Thompson^ Idee.
Erst nachdem Thompson die Witwe Gifford's aufgesucht,
also Gelegenheit gehabt hatte, seine Kenntnisse in Bezug
auf Gifford bewußt und unbewußt zu bereichern, wurden
die Angaben der Medien genauer. Thompsons Unterbewußtsein
enthielt eben jetzt weit mehr brauchbaren Stoff.
Die Ubereinstimmung seiner visionären Skizzen mit Gifford's
Gemälden und seinen Vorbildern ist nicht schwer zu erklären
, kannte doch Thompson, wie erwähnt, mehrere dieser
Bilder und auch einige der Stätten, wo Gifford malte. Das
scheinbare Wunder und die scheinbare Beeinflussung durch
den verstorbenen Gifford hellt sich also auf als die
Folge einer starken Beeindruckung durch die Werke und die
Persönlichkeit des lebenden Künstlers anf einen künstlerisch
empfindenden Menschen. Und wie dieser Bericht
vor dem eindringenden Forschen jede Spur einer außermenschlichen
Einwirkung verliert, so verlieren ihn auch die
anderen Fälle, welche die Geschichte des mediumistischen
Kunstschaffens bietet und die in dem breiteren Rahmen
der Studie über die „Mediumistische Kunst" eingehend behandelt
werden konnten. Hier müssen wir uns auf einige
Stichproben beschränken, aber auch sie werden dem Leser
schon gezeigt haben, daß der Schluß berechtigt ist, der sich
in der „Mediumistischen Kunst*4 aus dem historischen
Rundblick über das mediumistisch - künstlerische Schaffen
ergab:
„Das Ubersinnliche, dem Gutgläubigkeit einerseits und
spiritistische Theoriebefangenheit andererseits in diesen
Produktionen gegenüberzustehen meint, ist kein Ubersinnliches
. Es ist einzig ein Innersinnliches. Nicht ein höheres
Da oder Dort wirkt durch die Medien, sondern ein tiefes
Dringen drängt empor aus ihnen. Keine fremde Seele
offenbart sich mit ihrer Hilfe, ihre eigene offenbart uns
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