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464 Psychische Studien. XLT. Jahrgang. 8. Heft. (August 1914.)
mindern, worin ein wahrer, vollständiger Mensch nicht
leben kann. Das Vorhandene ist zu gleicher Zeit Ober-
fläche und Tiefe, Schale und Kern — dieser Verstand aber
macht alles zur Oberfläche, alles zur Schale und führt einen
leidenschaftlichen Krieg gegen Tiefe und Kern. Sein Ge-
schäft. nach dieser Seife Inn ist gans nur negativ und de-
struktiv, ein ewiger, durchgängiger Geistes-, Seelen- und
Lebensmord in allen Bereichen der menschlichen Welt-
und Selbstbetrachtung.* *) (Fortsetzung folgt.)
Spiritismus und Wissenschaft.
Von Otto Wenzel-Ekkehard (Florenz).
(Schluß von Seite 410.)
Die Forderung, restloses, sicheres, eindeutiges Wissen
zu erlangen, leitet die Arbeitsweise des Forschers
. Er muß sie aber nach dem Material, das er bearbeiten
will, einrichten und seinen ganzen Scharfsinn aulwenden
, alles, was möglich ist, herauszuholen. Zunächst
wird er wohl den leichtest gangbaren Weg einschlagen,
selbst auf die Gefahr hin, daß die ersten Resultate noch
unklar, unsicher sind (z. B. nur im Dunkel arbeiten, wenn
dies die raschesten und stärksten Resultate liefert). Dann
aber wird er zur Sicherung der Nachprüfung noch einmal
Schritt für Schritt das Terrain auf seine Zweckmäßigkeit
hin prüfen und dabei bestrebt sein, an manchen Stellen Ergebnisse
zu erzwingen zu suchen, wo sie anfangs unmöglich
schienen, um die Grenzen der Erscheinungsformen kennen
zu lernen (z. B. wird er vom Dunkel zum Halbdunkel übergehen
und schließlich es auch so einzurichten suchen, daß
ihm das Tages- oder ein diesem an Helligkeit gleichstehendes
künstliches Licht für seine Versuche verfügbar bleibt,
ähnlich wie der Photograph von der Dunkelkammer zur
Gaslichtentwickelung vorgedrungen ist). Die ganze Erscheinung
wird schließlich zergliedert und jedes einzelne
Glied gesondert geprüft. Dabei scheidet sich das Wesentliche
der neuen Tatsache von dem Allgemeinen und Bekannten
ab und tritt klar, eindeutig hervor. Die getrennte
Untersuchung der Erscheinungsformen eines Gebietes kann
zur Arbeitsteilung unter mehrere Gelehrte, sowie zur Verteilung
auf verschiedene Zeiten führen, besonders dann,
*) G. Fr. Daumer: „Das Geist erreich* (S. 40). Verlag von W.
Türk, Dresden 1867.
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