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522 Psychische Studien. XLI. Jahrg. 9. Heft. (September 1914.)
sehr objektiv ausgeführten Versuchen, keine Rede sein kann
von Autosuggestion, da die mit wissenschaftlicher Genauigkeit
angestellte Kontrolle nicht die Möglichkeit einer Selbsttäuschung
annehmen ließ. Es sei noch die Anordnung
unseres Versuchs erläutert: Zu einer bestimmten Zeit setzt
sich die Person hin und hat das Bestreben sich möglichst
passiv zu verhalten. Ohne von dem beabsichtigten Versuch
unterrichtet zu sein, äußert sich die Wirkung nach
Einschalten des Stromes je nach der Persönlichkeit in
mannigfacher Weise. Eigenartige Gefühle in den Beinen,
teils auch in dem Kopf und dem Magen, zuweilen auch
eine starke Müdigkeit und ein prickelndes Gefühl in den
Gliedern zeigen den elektrischen Strom an, Das Verschwinden
der fremden Gefühle stimmt ziemlich genau mit
dem Ausschalten des Stromes überein. Je mehr eine Person
sensitiv veranlagt ist, um so besser wird der Versuch
gelingen. Weiter sei noch erwähnt, daß diese „fernelektrisierte
Persönlichkeit" beim Berühren dritter mit den
Händen in diese elektrische Ströme schicken kann; die
letztere Person hatte von dem Versuch keine Kenntnis.
Während beim direkten Elektrisieren durch Anfassen der
beiden Handgriffe die Gefühle bei allen Personen fast
gleiche sind, tritt hier beim „ Fernelektrisieren * der Photographie
die Erscheinung zutage, daß die Wirkung auf den
Körper verschieden ist, was zu erklären ist erstens nach
der Lage des Bildes zwischen den Metallplättehen und
zweitens nach dem Alter der Photographie.
Wir übergeben nun die Ergebnisse unserer Versuche
der Öffentlichkeit, trotzdem wir nicht verkennen, daß sich
dieselben noch weiter ausbauen lassen. Vielleicht beschäftigt
sich noch der eine oder der andere Leser mit der Frage,
da uns auch eine Nachprüfung und Bestätigung der Arbeit
sehr erwünscht sein würde. Nach Durchsicht der einschlägigen
Literatur sind unseres Wissens noch bis jetzt
keine analogen Beobachtungen mit Photographien veröffentlicht
worden. Da die Grundlage unserer Versuche Fr.
Kallenberg gegeben hat, können wir nicht umhin, ihm
Dank zu sagen, daß er uns den Weg in ein neues Gebiet
gezeigt hat. Uns aber ist es eine Genugtuung, den Gegnern
von Kallenberg^ Lehre den Beweis zu erbringen, daß
zwischen der Persönlichkeit und der Photographie ein bestimmter
Kontakt besteht.
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