Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
41. Jahrgang.1914
Seite: 524
(PDF, 179 MB)
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524 Psychische Studien. XL1. Jahrg. 9. Heft. (September 1914.)

verlegte. Der Naturalismus selbst als Gedankensystem und
Lebensganzes legt für solche Überlegenheit des Inneren
Zeugnis ab, denn ohne solche Überlegenheit hätte sich nun
und nimmer die Mannigfaltigkeit zusammenfassen, bearbeiten
und als ein Ganzes erleben lassen. Jene selbständig gewordene
Innerlichkeit erhebt nun aber den Anspruch, voll
bestätigt und befriedigt zu sein; wird sie es nicht, so kann
alle bunte Fülle zuströmender Eindrücke nicht eine Leere
und schließlich auch ein Gefühl dieser Leere verhindern.
Nun aber bietet der Naturalismus mit seinem Bauen
von außen her für jene Innerlichkeit nicht das Mindeste
; verwandelt er doch das ganze Leben m eine Summe
von Leistungen nach außen hin; so wird sich gegen ihn
unvermeidlich das Glücksverlangen des Menschen erheben,
ein Glücksverlangen, das nicht aus kleinlicher Selbstsucht,
sondern aus der inneren Notwendigkeit unseres Wesens,
aus dem Verlangen nach einem Sinn unseres Lebens und
Strebens hervorgeht.

Wenn die zerstörende Wirkung des Naturalismus nicht
voll zur Geltung gelangt, so kommt dies daher, daß er sich
versteckterweise durch Gedankenmassen zu ergänzen pflegt,
welche der Welt des Idealismus angehören. So pflegt er
eine ethische Bewertung des Handelns, so pflegt er Größen
wie Pflicht und Ehre, Gerechtigkeit und Humanität im
praktischen Leben unbedenklich festzuhalten, obschon in
der Welt, die seine Begriffe erbauen, für sie nicht der
mindeste Platz ist, obschon sie von hier aus nicht minder
unglaubwürdig dünken müssen, als die krassesten Legenden
und Wunder. Je mehr sich aber der Naturalismus in
seinen Konsequenzen entwickelt, desto unerträglicher muß
ihm jener Dualismus werden, desto mehr muß er jene Ergänzung
als unmöglich empfinden und abstoßen, desto mehr
muß aber auch seine Grenze und zugleich sein Unvermögen,
das Leben zu führen, ersichtlich werden. So muß sein
eigener äußerer Erfolg ihn innerlich zerstören; er scheitert
nicht an dem Widerspruch mit irgendwelchen Überlieferungen
und Einrichtungen — solchen Widerspruch darf
keine Denkweise scheuen —, sondern an dem Widerspruch
mit dem innersten Wesen des menschlichen Lebens, das
sich gegenüber allen Irrungen der Individuen und Zeiten
schließlich immer wieder durchsetzen wird.

Die geistige Lage der Gegenwart empfiehlt aufs dringendste
eine Synthese des Lebens, ein überwinden von
Gegensätzen, ein Gestalten aus dem Ganzen, auch ein Zusammenhalten
der Menschen zum Suchen gemeinsamer
Bahnen. Statt dessen erscheint eine starke Vereinzelung,


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