Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
41. Jahrgang.1914
Seite: 525
(PDF, 179 MB)
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Kaindl: Über wahre und falsche Moral. 525

ein völliges Auseinandergehen in verschiedene Parteien
und Gruppen, ein Behandeln der Probleme vom Standpunkt
der bloßen Partei. Solches Zerfallen in verschiedene Kreise
und schroffe Gegensätze hemmt alles gegenseitige Verständnis
, jedem scheint die eigene Denkweise die zweifellos
beste, das sichere Heilmittel für alle Schäden; daß der
andere sich in völligem Unrecht befindet, daran wird nicht
gezweifelt. Selbstgefälligkeit und Eechthaberei schießen
damit üppig auf, die unablässige Kritik an anderen unterdrückt
alle Selbstkritik. So müssen sich die verschiedenen
Bewegungen durchkreuzen und hemmen, so muß schließlich
ein wirres Chaos entstehen, aus dem unmöglich ein glückliches
Schaffen hervorgehen kann.

Anstatt einer energischen Vertiefung des Denkens und
Lebens, wie e^ die geistige Lage verlangen würde, hängt
der Durchschnitt der Zeit an der Oberfläche und gefällt
sich dabei. Unsei Denken beschäftigt sich vor allem mit
der sichtbaren Welt und flieht alles, was ihre Grenzen
überschreitet, als „ Metaphysik\

Endlich aber lastet auf unserem geistigen Schaffen
eine Lust zur Verneinung, eine Neigung, von der Zerstörung
überkommener Zusammenhänge, von der Abweisung
aller Lösungen großes Heil zu erwarten. Nun enthält die
Zeit gewiß viel Veraltetes und Verrottetes, das der Entfernung
dringend bedarf, aber zur wahren Förderung kann
alles Nein nur wirken, wenn dahinter die treibende Kraft
eines Ja steht und dem Streben eine feste Richtung gibt.
Dieses aber pflegt zu fehlen, es ist die Verneinung als Verneinung
, welche vielen genügt und etwas Großes dünkt.
Da aber nichts enger und unduldsamer zu sein pflegt, als
die Verneinung, so erzeugt sie heute einen Dogmatismus,
ja einen Despotismus, der das geistige Schaffen und auch
ein richtiges Erkennen der gegenwärtigen Lage aufs
schwerste schädigen muß." —

Wie man sieht, ist die Negation ein Charakteristikon
des intelligenten Egoismus und gwenn man mit Swedenborg
im Teufel eine Personifikation desselben erblickt, so ist es
dieser Auffassung entsprechend, wenn Goethe ihn sich einführen
läßt als den Geist, der stets verneint, und Lenau
seinen Mephistopheles die Frage:

„Wer bist du, frecher, grauser Wicht
Mit diesem Teufelsangesiaht?*

also beantworten läßt:

„Ich bin, was meine Miene spricht.
Nur recht mir ins Gesicht geschaut,


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