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Peter: Die Eusapianischen Materialisationsphänomene. 545
auf der ziemlich hellen Wand ein Kopf erscheine am Saume
des geblümten Fenstervorhanges.
Die Manifestation rührt von einem jungen weiblichen
Wesen her, das sich in natürlicher Größe zeigt. Man sieht
den Kopf, den Hals, die rechte Schulter, einen kleinen Teil
der Brust und einen Arm. Letzterer ist schlaff,
als ob der Ärmel leer wäre. Die Gestalt erscheint
in orientalischem Kostüm. Ein Band geht in mehreren
Windungen wie ein Turban um den Kopf; das Kinn ist
umwickelt und um Hals und Brust fällt der Stoff in Form
einer Schärpe. Das Gesicht ist unbedeckt, aber man konnte
die Physiognomie nicht deutlich unterscheiden, und obwohl
die Linien regelmäßig und weniger nebulos waren, als bei
den beiden ersten Erscheinungen, machte doch auch das
dritte Phantasma den Eindruck des Unfertigen
und Fn vollendeten. Indes es war ein großer Unterschied
zwischen den Phantomen. In dem sehr gemäßigten
Lichte des Zimmers erschien das Gesicht der dritten Erscheinung
nicht weiß, sondern von natürlicher Farbe; außerdem
zeigte die Schärpe dunkle Querstreifen; Augen und
Nase hatten schwarze Schatten, wie eine lebende Person,
welche vom Lichte von der Seite her beleuchtet wird. Die
Erscheinung mußte auch undurchsichtig und fest sein, denn
ihr Schatten fiel auf die Wand, und sie machte einen
körperhaften Eindruck im Gegensatz zu den ersten zwei
Phantomen, die flach und ohne Dichte zu sein
schienen.
Das 3. Phantasma blieb einige Sekunden; es verneigte
ßich zwei- oder dreimal und zog sich wie eine lebende
Person zurück, ohne sich aufzulösen. Einige meinten, es
sei wieder „Katie King* gewesen. Auch diese Erscheinung
schien unvollständig im Körper und in dem rechten Arme,
der das Piano berührte. Während der umwundene Kopf
Einzelheiten einer wirklichen Morphologie zeigte, schien
der untere Teil der Gestalt nicht ganz gebildet. Der Stoff
der Kleidung schien innen leer zu sein. Die Züge und
Konturen des Gesichtes waren besser gezeichnet, die Haut
hatte natürliche Farbe. Die Augen richteten sich auf mich,
berichtet Prof. Morselli, der nur 75—80 cm von dem Phantom
entfernt war. Es ist kein Zweifel, sagt der Forscher:
die Linien des Gesichtes, das unter dem reichen Turban
sich zeigte, waren zwar erkennbar, aber nicht so deutlich,
wie sie sich bei einem Lebenden auf diese Entfernung
gezeigt hätten. Selbst die Augen , welche doch Blick besaßen
und auf der Hornhaut einen glänzenden Reflex
hatten, schienen in ihrer Zeichnung umschleieri Trotzdem
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