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562 Psychische Studien. XLI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1914.)
wurde es nicht. Seine Seele neigte ihrem Wesen nach zu
dieser Beeinflussung und sein Karma ließ es zu. —
Man könnte annehmen, es sei seltsam, daß böse Geister
ira Jenseits nicht von höheren Geistern verhindert würden,
anderen auf der Erde zu schaden, wenn man sich nicht erinnerte
, daß das Karmagesetz besteht. Wer eine schlechte
Eigenschaft in einem früheren Leben sich zugezogen hat,
der soll sie in diesem durch den freien Willen verlieren.
Wenn er gut erzogen würde, so daß er den Hang zum
Schlechten verliert, hätte er seine freie Entscheidung nicht
mehr nötig. Andere hätten ihn gut gemacht. Aber er soll
aus sich selbst heraus besser werden. Daher begünstigt
sein Schicksal zunächst das Schlechte an ihm, sodaß die
schlechten Seiten seines Wesens zum Vorschein kommen.
Das Schlechte, das in ihm ist, soll ja gerade herausgezogen
werden. Deshalb soll man sieh auch nicht beklagen, wenn
mar, durch die Umgebung scheinbar notwendigerweise
schlecht wird. Dies ist eben nötig. Der Charakter entwickelt
sich nach Naturgesetzen von innen heraus, nicht
von außen. Jeder soll selbst seines Glückes Schmied sein.
Die Dämonen sind nun die Zerstörer, die das Tote
begraben sollen, wie etwa die Mistkäfer. Sie helfen dem
Schlechten, daß es herausgeht, um überwunden zu werden.
Sie sind also gewissermaßen Wohltäter der Menschheit,
selbst da, wo das Schlechte zum Vorschein kommt. Denn
das uns schlecht Erscheinende ist nicht an und für sich
schlecht, sondern nur für den, der schlecht ist.
Was Gott zuläßt, ist gut. So behauptet z. B. Lead-
beater, daß die Sinnlichkeit dazu diene, um später aus
dem so Geschaffenen edle Gesteine zu bilden, d. h. die
Geistmaterie, die durch Unsittlichkeit entsteht, gibt das
Substrat ab, aus dem sich allmählich in kommenden
Perioden etwas Schönes entwickelt. Denn alles in der Welt
wird vom göttlichen Haushalt irgendwie zur Schaffung von
etwas Gutem verwendet.*) Daher ist der Dämon eine notwen-
*) Man könnte vielleicht denken, wenn alles gut ist, so wäre
es ja einerlei, was man tue. Allein die Sache ist vielmehr so:
Wenn jemand z. B. der Unsittlichkeit fröhnt/dann schadet er sich
zunächst sicher; ob er später wieder zurechtkommt, ist fraglich.
Es gibt auch eine „Hölle*. Aber er kann, wenn er schwach ist, zu
seinem Trost sagen, daß er wenigstens indirekt etwas zum Fortschritt
der Welt beiträgt. Keine Kraft ist verloren. Aber wenn er
nicht aus Schwäche, sondern aus Bosheit handelt, so vermehrt er
nieht bloß sein ungünstiges Karma, sondern auch das Böse im Jenseits
. Er erzeugt eventuell einen „Drachen*, d. h. ein übersinnliches
Ungeheuer, das den Menschen schadet und nur von einem
Beinen und Starken später umgebracht werden kann. Der Drachen-
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