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Hänig: M. Maeterlinck: Vom Tode. 575
tatsächlich dem Medium Eigenschaften zuschreiben, die
nichts Menschliches mehr besitzen. Es muß sich durch
Fernsehen, Gedankenübertragung vom Unbewußten zum
Unbewußten oder unterbewußtes Hellsehen mit den beiden
noch lebenden Brüdern des verstorbenen Besitzers der Uhr
in Verbindung setzen und in dem Unbewußten dieser
beiden entfernten und von niemand benachrichtigten Brüder
eine Menge von Umständen suchen, die sie selbst vergessen
haben und auf denen der Staub und das Dunkel
von siebzig Jahren liegen/ (61.) Aber undenkbar ist auch
dieser Fall nicht, wenn man sich bei der Erklärung dieser
Phänomene streng an den Grundsatz hält, eine andere Erklärung
nur dann heranzuziehen, wenn alle diejenigen erschöpft
sind, die sich auf unserem Erdenplane finden lassen.
Man muß eben annehmen, daß sich das Medium nach dem
Material, das es zur Verfügung hat, Personifikationen bildet
und dabei Fähigkeiten entwickelt, die zwar der Wissenschaft
bisher unbekannt waren, die aber doch nicht gänzlich
über das hinausgehen, was wir als menschlich bezeichnen
können.
Allerdings, fügt M. sehr richtig hinzu, sind damit alle
Schwierigkeiten noch nicht gehoben; denn es ist dann den
Geistern beinahe jede Möglichkeit genommen, ihre Existenz
zu erweisen. Aber warum wählen sie auch diese Art von
Kundgebung ? Die geringste astronomische oder biologische
Entdeckung oder etwa ein Aufschluß über ein Geheimnis
der Vergangenheit; wie das der Härtung des Kupfers, das
die Alten besaßen, würde hier von ungleich größerem
Werte sein als diese literarischen Reminiszenzen (69). Und
in diesem Punkte haben auch die berühmtesten Medien,
wie Stainton Moses, völlig versagt.*) Das Eingreifen von
Geistern ist also durch diese Versuche keineswegs widerlegt
, aber auch nicht erwiesen, ganz abgesehen von dem
geringen Tröste, den uns ein derartiges Schattenleben nach
dem Tode gewähren würde. —
*) Anm. Daß es in der spiritistischen Literatur doch Beispiele
gibt, bei deren Erklärung selbst die Telepathie versagt, beweist ja
zur Genüge Aksakow's Hauptzweck: „Animismus und Spiritismus,*
das in erster Linie zur Widerlegung solcher und ähnlicher Hypothesen
geschrieben wurde. Übrigens weist M. selbst darauf hin, daß
mit Zuhülfenahme der Telepathie diese Erscheinungen durchaus
noch nicht erklärt sind; man muß nur mit dieser Möglichkeit rechnen,
umsomehr, weil wir bei der Telepathie vom Unbewußten zum Unbewußten
garnicht darüber unterrichtet sind, unter welchen Umständen eine
solche Vermittlung eintreten könnte. Von den „Geistern* vollends
Aufklärung über gewisse Fragen der Wissenschaft verlangen, wie
der Verfasser will, hieße von ihnen Fähigkeiten verlangen, die sie
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