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594 Psych. Stud. XLI. Jahrg. 11. u. 12. Heft. (Nov.-Dez. 19U.)
Fairlamb, Wood u. a., behaupten, daß diese Medien mit Vorliebe
unter nicht einwandfreien Bedingungen aufgetreten sind
und demnach außerhalb des wissenschaftlichen Rahmens stehen.
So erschien z. B. das Phantom der Estella Livermore fünf Jahre
hindurch durch das Medium Fox-Jenken in den Privatzimmern
Livermore's und, so viel man weiß, wurde kein Fremder zugelassen,
der dort eine ernste Untersuchung über den wunderbaren Fall
hätte vornehmen können. —
Im Gegensatz zu solch mangelhaften „Experimenten" (?P.)
lieben es aber die Gegner auf die Phantome der D'Esperance hin-
zuweisen, weil sie von Aksakow als echt erklart worden sind;
ferner auf Phantome, die Gibier gesehen hat und auf jene, welche
der Kapitän Volpi photographiert hat, vor allem aber auf
„Katie King" und in letzter Zeit auf das Phantom der „Eleo-
nora'\ welches sich in Barzelona in mediumistischen Sitzungen
materialisierte, die der bekannte Spiritist Esteva-Marata leitete.
Richtig ist, daß das Erscheinen von Phantomen ein Phänomen
ist, das in der Entwicklungsgeschichte des modernen Spiritismus
nicht sehr frühzeitig aufgetreten ist. Von den Klopf-
lönen in Hydesville bis zu den ersten „Gespenstern" waren zwanzig
Jahre vergangen und erst in den letzten 35 Jahren wurden Phantome
— allerdings auch nur in bescheidener Anzahl — gesehen.
Prof. Morselli gibt den Rat, die ,Gespenster* in »Quarantäne*
zu lassen bis zur völligen Reinigung im „Schmelzofen der Kritik
." Die spiritistische Hypothese der spontanen und der beschworenen
Erscheinungen findet stets die Beweismittel in diesem
unbestimmbaren Dunkel, oder glaubt sie zu finden. In der heterogenen
Masse ihrer „Beweise** befinden sich eine Reihe von
Gründen, welche einer Diskussion mehr oder weniger unzugänglich
sind und andere, die jeden Glauben befriedigen.
Aber die ernsten Psychiker — Morselli nennt hier Ochoro-
wicz, die beiden Sidgwick, Visani-Scozzi, De Rochas-Sage und
Flammarion, weil sie die Eusapia studiert haben — sehen klar,
daß das Material des Neo-Spiritismus zu 999 Tausendstel aus
legendenhaften Anektoden und ungefähren Überlieferungen gebildet
ist. Indeß, trotz der gebrechlichen Experimentalbedingun-
gen, unter welchen man bisher in der Metapsychik gearbeitet hat,
begreift man sehr gut, daß man mit den beobachteten und beschriebenen
Materialisationen zufrieden sein muß, denn sie bilden
doch — wie auch die in Rede stehenden — ein Versuchsmaterial
für künftige Forschungen.
„Was die echte mediumistische und metapsychische Natur
der Phänomene anbetrifft**, sagt Professor Morselli, „so glaube
ich nicht an den Abend des ersten März getäuscht
worden zu sein. Ich hoffe nicht — das versteht sich —
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