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Maier: Eine geschichtliche Urkunde zur „GeisterkundV. 15
Christen, eines philosophisch und literarisch gründlich gebildeten
und auf dem okkulten Gebiet praktisch vielerfahrenen Mannes,
dessen eigenartige Autobiographie 1806 erschien, enthält eine
Fülle von fesselnden, keineswegs den Eindruck der Leichtgläubigkeit
oder der Selbsttäuschung machenden einschlägigen Materials,
woraus wir, mit der Beibehaltung der altertümlichen Rechtschreibung
, den nachfolgenden authentischen Bericht (S. 207—211) als
Nachtrag jener Erzählung zum Abdruck bringen:
(§ 198). „Beyspiele belehren am sichersten: ich will also
noch einige zuverlässige Erscheinungen erzählen, in welchen Geister
entweder Freunden ihren Tod anzeigten, oder sonst noch etwas
zu besorgen gehabt haben. Um aufs genauste bey der Wahrheit
zu bleiben, rücke ich meine Urkunden wörtlich ein: Nachfolgende
Anekdote ist mit möglichster Sorgfalt nach der ehemali-
gen Erzählung des unten erwähnten kaiserlichen geheimen Raths
von Seckendorf hieher notirt worden.
„König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, Vater Königs
Friedrichs des Ilten, stund mit dem König August dem Ilten von
Polen, in so freundschaftlichen Verhältnissen, daß sie einander,
wenns möglich war, wenigstens einmal des Jahrs sahen. Dies
geschah auch noch kurz vor dem Tode des Letzteren, derselbe
schien sich damals ziemlich wohl zu befinden, nur hatte er
eine etwas bedenkliche Entzündung an einer Zähe. Die Aerzte
hatten ihn daher für jedem Uebermaaß in starken Getränken sehr
gewarnt, und der König von Preußen, welcher dies wüste, befahl
seinem Feldmarschall von Grumbkow (der den König bis an die
Gränze begleitete, und ihn dort in einem königlichen Schloß noch
Standesgemäß bewirthen sollte), daß er bey jenem Abschieds-
schmauß, alles sorgfältig vermeiden möchte, wodurch die — dem
König von Polen aus erwähnter Ursache von den Aerzten so sehr
empfohlene Mäßigung, im Genuß des Weins, überschritten werden
könnte.
„Als aber König August noch gleichsam zu guter Letzte einige •
Bouteillen Champagner verlangte, so gab Grumbkow, der diesen
Wein selbst liebte, nach, und genoß dessen auch seiner seits so
viel, daß er sich, indem er über den Hof des königl. Schlosses in
sein Quartier gieng, an einer Wagendeichsel eine Rippe zerbrach,
und sich daher in einem Tragsessel zum König August bringen
lassen mußte, als dieser seine Reise des andern Morgens sehr
früh fortsetzen, und ihm noch einige Aufträge an König Friedrich
Wilhelm geben wollte. Hiebey war der König von Polen, außer
einem vorn geöfneten Hemd, nur mit einem kurzen Polnischen
Pelz bekleidet.
„In eben diesem Aufzug, nur mit geschlossenen Augen, erschien
er am 1 sten Febr. 1733 früh, ungefähr um 3 Uhr dem Feldmarschall
von Grumbkow und sagte zu ihm:
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