http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0026
22 Psychische Studien. XL1I. Jahrgang. 1. Heft. (Januar 1915)
seitige Verstandeskultur trieb, die zuletzt zu einer Intelligenzidolatrie
ausartete.
Den Entwicklungsgesetzen gehorcht man mit nichten, wenn
man gewisse Lebensgewohnheiten der Raubtiere nachahmt, und
man darf von keinem Entwicklungsfortschritt sprechen, wenn es
dem Menschen mit Hilfe seiner Intelligenz gelingt, die angenommene
Raubtiernatur ins Dämonische zu steigern. Die Entwicklungsgesetze
, welche für die Menschennatur maßgebend sind, sind
ihr selbst eingeschrieben und können nicht in der äußeren unentwickelteren
Natur gefunden werden. Was der Mensch von den ihm
untergeordneten Lebewesen jedoch lernen könnte, ist die Treue
gegen die eigene Natur. [Sehr gut! Red.]
Wie schon erwähnt, zeigt sich die Intuition der Intelligenz
an Tiefe der Einsicht weit überlegen, darum verfällt sie auch nie
in so alberne Fehler, wie sich ihm die Intelligenz inbezug auf
das Entwicklungsgesetz zu schulden kommen ließ. Der Seher
Davis ist sich über die Immanenz des Entwicklungsgesetzes
vollkommen im Klaren, wenn er sagt:
„Jeder Mensch kommt mit einem Kodex
unveränderlicher Naturgesetze ins Dasein.
Diese Gesetze sind gerecht, der Entwicklung
desganzen Menschen angepaßt und jede Übertretung
wird, wenn er sich gegen deren Gebote vergeht, eines Tages ihm
schwer sein. Genaue Befolgung dieser Gesetze wird den angeborenen
Charakter jedes Einzelnen verschieden, aber harmonisch entwickeln
. Unter dieser Bedingung würde jeder Mensch ein individueller
Mensch werden, und nicht ein bloßes Ding der Mode, wie
er es jetzt ist, ein bloßer Nachäffer anderer, Minderentwickelter, ein
automatischer Nachfolger irgendeiner besonderen Zeit oder Persönlichkeit
. (Penetralia S. 275). — Das Individuum befindet sich
allenthalben unter dem herrschenden Einfluß dreier Gesetze, welche
Gesetze in seinem physischen System, in seinen sozialen Verhältnissen
und in seinen moralischen und geistigen Beziehungen zu der
äußeren und inneren Welt mit einer unabweichbaren Genauigkeit
wirken. Diese Gesetze verlangen von dem Individuum, daß es
harmonisch sei. Insofern wir von den Prinzipien unseres Daseins
beherrscht werden und nur glücklich und harmonisch sind, wenn
wir ihnen gehorchen, ist es klar, daß jede Abweichung von ihnen
in Entzweiung und Unglück ausschlagen wird in einem Maße,
welches stets dem Grade der Abweichung verhältnismäßig ist („Der
Lehrer")—
Jedes Individuum befindet sich von Natur aus unter dem Einfluß
gewisser Gesetze, von deren pünktlicher Befolgung die Harmonie
seiner Existenz unabweisbar abhängig ist; aber diese Gesetze
machen sich ihm für gewöhnlich nicht unangenehm bemerkbar
, sondern erinnern das Individuum stets nur dann erst in
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0026