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54 Psychische Studien. XLII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1915.)
als die Berufung auf die Spirits. Aber dessenungeachtet sind
diese Möglichkeiten angenommen als Mittel, den Beweis einzuschränken
; und man denkt, daß wir irgendeine Erklärung finden,
welche nicht den Appell an die Desinkarnierten erfordert. Schließlich
sind sie auch ein gutes Mittel, das Urteil, das allzu schnell
auf „Transzendental** lautet, hintanzuhalten. Niemals aber
können sie dazu verwendet werden, der
Forschung ein Ende zu setzen, wie dies gewöhnlich
die Gegnei der „Desinkarnierten** tun.*'
Ehe wir in der Besprechung der modernen psychischen
Forschung weitergehen, ist es notwendig, jene Erscheinungen zu
studieren, welche mit dem Namen „Telepathie** bezeichnet
werden; es ist dies um so nötiger, als gegenwärtig diese Telepathie
eine große Rolle spielt und für manche — völlig mit
Unrecht — das Mädchen für Alles in der Erklärung psychischer
Phänomene geworden ist. Viele Gelehrte halten sie heute für
wissenschaftlich bewiesen; allein Prof. Hyslop fragt: „Was ist
wirklich bewiesen? Was ist denn Telepathie? Das Wort
wurde definiert als „Übertragung von Gedanken, unabhängig von
den bekannten Sinneswerkzeugen.**
Man benützte sie, um den Beweis für das Eingreifen von
„Geistern** enger zu ziehen und um Phänomene nicht mehr als
spiritistischen Ursprunges anzusehen, wenn sie mediumistischen
oder mentalen Typs waren. Allein man gab hierdurch dem Worte
eine erklärende Bedeutung und jetzt begann der Wirrwarr.iC
Man muß sich klar machen, daß Telepathie nichts erklärt,
»ondern nur ein Wort ist. Daher gibt Hyslop folgende Definition
für das unglückselige Wort: „Es bedeutet ein Zusammentreffen
(„Coineidenee") zwischen den Gedanken zweier Lebenden,
ein Zusammentreffen, das nicht auf Zufall und nicht auf normaler
Aufnahme durch die Sinne beruht.** „Wir wissen nichts**, fügt
Hyslop bei, „über den Vorgang oder über die Ursache. Das
Wort ist nur ein Name für Tatsachen, welche einer normalen
Erklärung spotten, und zeigt unsere Unwissenheit, nicht unser
Wissen an. Es klassifiziert nur eine Gruppe von Tatsachen, welche
nicht als Beweis für spiritistische Agenden gebraucht werden
können. Die erste Bedingung für eine spiritistische Hypothese
besteht darin, wie wir schon gehört haben, daß die Phänomene
klar die persönliche Identität von verstorbenen Personen erkennen
lassen müssen. Allein manche der Fälle, welche Telepathie beweisen
, repräsentieren nur die Identität von Lebenden oder sind
nicht Erinnerungen, welche man von Abgeschiedenen erwarten
könnte. Das Zusammentreffen (die „Koinzidenz**) findet zwischen
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