Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 71
(PDF, 159 MB)
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Kaindl: Der Krieg im Lichte der Psychischen Forschung. 71

jene Deutschen verwechseln, die wir so gut kennen und die so
sympathisch und so nett sind. Lassen wir uns nicht einreden,
daß das deutsche Volk verführt worden sei, daß Leute, die guten
Willens waren, mißbraucht wurden! Eine Nation kann nicht betrogen
werden, wenn sie dies nicht selbst will, und es ist nicht die
Intelligenz, die den Deutschen fehlt! Also: das ganze deutsche
Volk ist schuldig. Die Stunde ist gekommen, wo man den deutschen
Geist ausrotten muß. Geschieht das nicht, so wird er bei
nächster Gelegenheit wieder seine Infamien begehen. Wir dürfen
kein Mitleid haben! Das erfordert die Pflicht der Selbsterhaltung.
Die Welt muß ein Ende machen mit dem preußischen Militarismus,
mit diesem Giftpilz, der sie seit einem halben Jahrhundert verwirrt
und vergiftet. Die Gesundung unseres Planeten steht auf
dem Spiele. Morgen werden die Vereinigten Staaten von Europa
Maßregeln treffen müssen zur Wiedergesundung des Erdballs.'*
Der belgische Dichter scheint völlig den Verstand verloren zu
haben. Man witd ihn in deutschen Landen nur noch unter die
Narren rechnen können!

In dieser Äußerung des Dichters finden sich Elemente, die
den Straßen- und Radaubrüder-Nationalismus charakterisieren,
die aber dem Charakter des Dichters, wie er sich uns in seinen
Werken offenbart, durchaus fremd sind; nämlich Kollektivegoismus
nebst einer daraus resultierenden Mitleidlosigkeit
und Ungerechtigkeit. Die Worte: „Wir dürfen kein Mitleid haben.
Das erfordert die Pflicht der Selbsterhaltung. — Das ganze
deutsche Volk ist schuldig4 würde er unter normalen Verhältnissen
niemals gesprochen haben.

Es scheint, daß Denker, Dichter und Künstler dem zwingenden
Einflüsse einer Massensuggestion am leichtesten unter-
liegen, was sich aus ihrer größeren Eindrucksempfindlichkeit erklärt
und um so weniger überraschen darf, als man bei ihnen
in der Regel auch sonst eine gewisse Schwäche der öffentlichen
Meinung gegenüber beobachtet, in der man ja schließlich auch
nur eine Modifikation jener von außen nach innen wirkenden
psychischen Kollektivkraft zu erblicken hat.

Das deutsche Volk allein der Herrsch- und Habsucht anzuklagen
, wie es Professor Barrett getan, oder ihm die Schuld
an dem Leben und Gut verzehrenden „Militarismus** allein aufzubürden
, wie Maeterlinck, zeugt von einem so exklusiven Standpunkt
, von einer so einseitigen Betrachtungsweise und einem dementsprechend
beschränkten Urteil, daß man sich genötigt sieht,
bei den Urteilenden jenen, Zustand vorauszusetzen, für welchen
Du Prel den Ausdurck Monoideismus geprägt hat, und
worunter man eine, durch anhaltende Geisteskonzentration bewirkte
Verengung des Bewußtseins nebst einer dadurch bedingten
Einschränkung des geistigen Gesichtskreises zu verstehen hat.


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