Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 77
(PDF, 159 MB)
Bibliographische Information
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Grävell: Theosophie oder Religion?

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sieht und von oben her keine Hilfe erwartet. Er glaubt, so wie er ist,
schon G o 11, d. h. vollkommen zu sein, während doch ein ganz
einfältiger, demütiger Franziskanerbruder trotz seiner Unwissenheit
viel weiter ist. Religion verlangt Demut und Anerkennung
einer Autorität. Man mag in sich noch so viel spüren, fühlen,
wissen und sagen können — man merkt doch, wie viel noch fehlt.

Auf das Verhältnis zwischen Theosophie und Religion
angewandt, ist die Wahrheit nun die, dass das seit 40 Jahren
in die Welt gesetzte grosse W i s s e n der Theosophen umgemünzt
werden muss in das lautere Gold der Liebe, des Glaubens
, derHoffnungundallerhöheren Geisteskräfte
. Die Theosophische Gesellschaft in Adyar fängt schon
an Zeichen von Verknöcherung zu geben. Diese gebiert den Pha-
risäismus, d. h. den geistigen Stolz, der sich in Lieblosigkeit
äussert. Es ist daher freudig zu begrüssen, dass Dr. Rudolf
Steiner angefangen hat neue Wege einzuschlagen. Er geht auf
das Christentum zurück und setzt den göttlichen Heiland wieder
in seine Rechte ein. Seine Richtung führt zur Religion zurück.
Hier kann das G e m ü t Befriedigung finden. Von hier aus kann
eine Befruchtung der christlichen Kirchen stattfinden. Auf solchem
Boden kann sich eine neue Weltkirche bilden.

Jeder vernünftige Mensch strebt nach Vereinigung mit
Gleichgesinnten.0) So entsteht durch einen Religionsstifter eine
neue Kirche oder wenn die neue Glaubensgemeinschaft
innerhalb einer Konfession sich bildet, eine Sekte. Wo Glaube,

in dem der gelehrte Busse eine vortreffliche Einführung in den
Geist des Christentums und den Kirchenbegriff gibt, und die jeder Gebildete
gelesen haben sollte. Namentlich seine tiefgründigen Ideen
über die Notwendigkeit einer Kirche, um Christus als „ Weg, Wahrheit
und Leben* zu erkennen, sind in unserer so überaus kirchenfeindlichen
Zeit beachtenswert. Ich verweise auch auf die Bücher,
die der Verlag der Bonif azius - Druckerei in Paderborn zur Philosophie
und Weltanschauung seit 1914 unter dem Titel „Katholische
Lebenswerte* herausgibt. Sie bilden eine gute Apologie der Bestrebungen
, die dem mystischen Kern der Kirche zugrunde liegen.

ß) Spinoza sagt: „Was zur Vergesellschaftung des Menschen
führt oder die Menschen zu einem einträchtigen Leben bestimmt,
ist nützlich. Wenn z. B. zwei, die übereinstimmen, sich verbinden,
so stellen sie eine Einheit dar, die noch einmal so mächtig ist, als
jeder für sich. Es gibt deshalb für den Menschen nichts Nützlicheres
, als der Mensch/ Damit erledigt sich die oft gehörte Ansicht
, der starke Mensch solle nur für sich leben und Kirchen
könne es nicht mehr geben. So lange es Menschen gjbt, wird der
Mensch soziale Bedürfnisse haben und die Liebe kann sich doch nur
betätigen im Verkehr mit Menschen. Die „Theosophische Gesellschaft
* wollte einen Kern (nucleus) von Höhenmenschen bilden;
allein da ihr das eigentlich religiöse Band abging, brachte sie es
nicht zur wahren Brüderlichkeit. Bezeichnend ist, daß sie kein
einziges wahres Andachtsbuch hervorgebracht hat.


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