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86 .^Psychische Studien. XLII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1915)
auch der Umstand, daß nach dem „Salzburger Volksblatt" ein
Mönch anno domini 1841 auf Pergament geschrieben haben soll,
wies ja ziemlich deutlich auf eine Fälschung hin, zumal die prophezeiten
Ereignisse auf müßiger Kombination naheliegender Vermutungen
zu beruhen schienen; wir wollten aber durch vorläufigen
Abdruck eben Gelegenheit zu der dann auch rasch gelungenen
* Entlarvung geben (vgl. Jan.-Heft S. 40). Inzwischen ist auch von
seites der weltlichen Behörde in Altötting ein offizielles Dementi
erfolgt. Die „Zeitschr. f. Spir.44 (Nr. 1 vom 2. Jan. 1915) brachte
folgendes „Eingesandt44: „Sehr geehrter Herr! In Ihrer Zeitschrift
Nr. 45/46 vom 14. Nov. 14 bringen Sie S. 311 eine Notiz tiher die
Altöttinger Weissagung auf das Jahr 1914 nach der „Ostd. Rundschau4
*» Da mir die Sache sofort im höchsten Grade verdächtig
erschien, habe ich nicht etwa an das Kapuzinerkloster St. Anna in
Altötting geschrieben, sondern an das kgl. Bezirksamt Altötting.
Das Bezirksamt hat die Sache untersucht, und es hat sich herausgestellt
» wie ja nicht zu zweifeln war, daß die ganze Angelegenheit
natürlich ein plumper Schwindel ist. Bitte, bringen Sie eine
entsprechende Berichtigung in Ihrem Blatte. Hochachtungsvoll
Prof. Dr. Karl Vollmöller.44')
Einen zeitgemäßen Artikel über derartige politische Prophezeiungen
, von denen jetzt die Tagespresse wimmelt, brachte jüngst
auch das tägliche „Unterhaltungsblatt des Fränkischen Kuriers44
(Nr. 349, Nürnberg, den 17. Dezember 1914) aus der Feder des
bekannten Spiritistentöters Max Epstein, der nicht leugnen
will, daß in der okkultistischen Literatur auf die Wichtigkeit des
Jahres 19J4 wiederholt hingewiesen wurde und daß in älteren
Prophezeiungen vielfach überraschend Wahres enthalten ist. Diese
Tatsachen glaubt er aber mit drei Gründen rationalistisch erklären
zu können. Zunächst sei es durchaus möglich, daß unter dem Einfluß
einer bekannten Vorhersage auf die handelnde Person ein
Druck ausgeübt wird. So könnte die scheinbare Friedensliebe von
Zar Nikolaus wohl daher kommen, daß ihm gelegentlich einer Jagd
in Livadia bereits vor vielen Jahren eine Zigeunerin aus der Hand
geweissagt haben soll: „Väterchen, dir steht ein langes Leben
bevor. Deine Feinde werden nicht triumphieren, aber hüte d i c h
vor Krieg und Abenteuern, denn es könnte sonst Blut und Unheil
über dich kommen.44 Während so auf d$r einen Seite eine
*) Unser verehrter Mitarbeiter, Kand. des höh. Lehramts Hans
Hänig in Zwickau, der sich gleichfalls um die Entlarvung des
augenscheinlichen Schwindels bemühte, hatte auf eine diesbezügliche
Anfrage schon am 14. XII. 14 nachfolgende Antwort erhalten: »Der
betreffende Artikel, einem [welchem? Red.] reichsdeutschen Blatte
entnommen, wurde wenige Tage nach dem Erscheinen von Altötting
aus dementiert. F. d. Redaktion des Salzburger Volksblattes:
Mayble . . .* [Namen unleserlich].
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