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Literaturbericht. 9£
der Psychiatrie an der Universität Basel. Gr. 16°, 180 8. Mönchen«
1914, Ernst Beinhardt Verlag. Preis brosch. 3.50 M., geb. 4 M.
Unter Verwerfung früherer Hypothesen , nach denen Hamlet
ein Schwächling, ein fetter Phlegmatiker, ein nnr scheinbar Zaudernder
, in Wirklichkeit aber energisch und systematisch Handelnder
, ein Geisteskranker oder ein unter dem Einfluß eines Komplexes
nach Freud'scher Psychanalyse Stehender sei, kommt Verf. zu dem
Schluß, daß Hamlet ein philosophisch veranlagter und an Weltschmerz
Leidender, im übrigen aber geistig völlig Gesunder sei.
Von der Welt angeekelt und daher auch die ihm zufallende Aufgabe
nur mit innerem Widerstreben übernehmend, flüchtet er sich
aus der rauhen Wirklichkeit in das ruhige Beich der Kunst. So
wird er zum Schauspieler, der seine Eolle bald aktiv, bald passiv
durchführt. So aufgefaßt, werden alle Vorgänge leicht und einfach
verständlich, und es bedarf nicht des ungeheuren Aufwands der
Erklärer an „Problemen". Die Hamietübersetzung ist nicht nur
äußerst sinngetreu, sondern auch in einer edlen und schlichten
Sprache abgefaßt, so daß sie das höchste Lob verdient.
Freudenberg-Bonn.
Da« Begreifen der Welt Von Emanuel Lasker. Gr. 8°, 491 S.
Berlin 1913, Hans Joseph Verlag.
Verf. stellt eine Reihe von Fundamentalsätzen unter Beweis
und baut daraus ein System auf, dessen logische Konstruktion
allerdings unbestreitbar sein dürfte. Solche Fundamentalsätze sind:
„Es existieren Bewußtsein und Vorstellung.* „Sein ist gedacht
oder vorgestellt.* „Der Inhalt der Vorstellung ist ein Unterschied.*
„Im Bewußtsein ist eine Beziehung. Eine Vorstellung weist eine
Vielheit von Unterschieden, das Bewußtsein eine Vielheit von Beziehungen
auf.* „Bewußtsein und Vorstellung haben Einfluß auf-
einander. Der Einfluß des Bewußtseins heißt Tun, der der Vorstellung
Erdulden.* „Ein Teil eines Teiles eines Ganzes ist wiederum
ein Teil desselben Ganzen.* „Von zwei Ereignissen, die den
nämlichen Anfang haben, hat das längere Dauer, dessen Ende nach
dem Ende des anderen eintritt. Und wenn sie auch das nämliche
Ende haben, so haben sie gleiche Dauer. Zwei Ereignisse, die nicht
den nämlichen Anfang haben, die aber sonst als die nämlichen erkannt
werden, haben die gleiche Dauer. Wenn die Dauer zweier
Ereignisse der Dauer eines dritten gleich ist, so haben sie unter
einander die gleiche Dauer.* „Die Zeit zerfällt in jedem Momente
in die drei Abschnitte der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.*
„Das exakte Begreifen (im Gegensatz zum provisorischen Begreifen)
stützt sich auf den Begriff der Zahlen* usw. Leider ist es dem Berichterstatter
nicht möglich, die interessanten Ausführungen des
Verf. auch nur zu skizzieren; dazu gehörte ein Baum, aer ihm
nicht zur Verfügung steht. Es genüge hier der Hinweis, daß jeder
gebildete und vorurteilsfreie Mensch ihnen zu folgen imstande ist.
Die Ethik berührt der Verf. nur obenhin. Der Zweck seines Buches
ist Erkenntnis. Es lehrt uns mit einfachen Mitteln, in ruhiger
Sicherheit „die Welt zu begreifen*. Freudenberg-Bonn.
Die Welt der höheren Erkenntnis und der Überzeugung (Weltanschauung
der notwendigen Selbstentstehung). Von A. Öinram. Gr.
8°, 164 S., mit einer Figurentafel. Hamburg 1914, Kommissionsverlag
von Conrad Behre.
Als die beiden oberen Grundformen des Universums bezeichnet
Verf. die Notwendigkeit und Unendlichkeit, wozu sich als dritte
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