http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0140
136 Psych. Stud. XLII. Jahrg. 3. u. 4. Heft. (März-April 1915.)
dem die alte Schlange in den Abgrund geschleudert worden ist.
Dann ist wieder: einGeist,einGlaube,eine Taufe,
ein Gott.
Die Psychologie des Hellsehers Ludwig H.
Von E. W. Dobberkau, Kötzschenbroda.
Die Tatsächlichkeit des Hellsehens ist von so vielen Forschern
und bei so vielen einwandfreien Hellsehern erwiesen worden,
daß nur die Unwissenheit an ihr zweifeln kann. Daß jeder einzelne
Forscher sie zu erforschen sich bemüht, sobald er dazu Gelegenheit
findet, ist eine selbstverständliche Pf lieh f.
Der große Wert der Arbeit von Prof. Dr. Max Schotte-
lius im Kosmos-Beiblatt für Psychologie vom Dezember 1913
beruht für uns vor allem in der psychologischen Einsicht m
das Rätsel des Hellsehens, die sie uns bietet. Sie ist hier*) nicht genügend
zur Darstellung gekommen, weshalb ich sie in seinen Worten
folgen lasse.
„Nachdem der Versuch mit positivem Erfolg ausgefallen war,
setzte sich H., der etwas angegriffen aussah, wie erschöpft auf den
neben meinem Schreibtisch stehenden Sessel. Er erholte sich
aber bald und konnte mir über die Art seines „Hellsehens" Rede
und Antwort stehen. Ich fragte zunächst, w i e er das in den
Zetteln geschrieben sehe? — „So wie die Zettel jetzt hier liegen!"
— Die Zettel lagen geöffnet vor mir auf dem Schreibtisch--
Er sieht die Schrift hell — aber nicht leuchtend — auf
dunklem Hinlergrunde, zuweilen mit, zuweilen ohne deutliche Abgrenzung
der Form, die die Papierstücke haben. Er „sieht"
weniger die Zettel, sondern mehr die Schrift, und zwar in der
Originalgröße, wie sie geschrieben ist. Ob räumlich in weiter
Entfernung oder nahe vor Augen, kann er nicht entscheiden. —
„Ich sehe die Schrift so, als wenn ich den Zettel hier lese!" —
Er sprach dabei auch immer von einem „Kreis"! — Er meint
offenbar eine kreisförmige dunkle Fläche, deren Abgrenzung
gegen eine graue Umgebung nicht scharf ist. In dieser kreisförmigen
Fläche sieht er die Schnftzüge der Zettel heller, als den
dunklen Untergrund des Kreises, so hell, daß er die Schriftzeichen,
Zahlen usw. gut lesen kann. Wenn er bei Stimmung ist, körperlich
sich wohl fühlt, mit Personen „arbeitet", die ihm sympathisch
sind, dann ist das Lesen leicht und wenig anstrengend, die Schrift
sehr hell und deutlich.
Wenn er abgespannt ist, schlecht geschlafen hat, mit mißtrauischen
, mürrischen Personen „arbeiten" muß, dann wird es
ihm schwer, zuweilen sogar ganz unmöglich, den Inhalt der
i) S. Febr.-Heft 1914, S. 81 ff. - Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0140