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Kurze Notizen
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verglich, der von einem kleinen Hindu — Preußen! — mit Nadelstichen
geführt werde, wohin er wolle. Welchem unserer Leser
kommt da nicht die Erinnerung an die im November-Dezember-
Heft 1914 (Seite 644 ff.)» von einem uns befreundeten Hamburger
Oberlehrer berichtete „Wolkenphantasie" über einen
großen Elefanten, der sich gegen einen riesigen Drachen
und einen grimmigen Bären zu wehren schien, bis schließlich
eine weitere „halbmenschliche Gestalt" den Elefanten und
den Drachen mit den Armen langsam auseinanderschob, während
der Bär dem Elefanten noch immer im Nacken blieb. Wenn damals
von der Seherin der Elefant auf Deutschland, die beiden anderen
Tiere auf unsere Feinde im Westen und Osten gedeutet wurden,
was ja gewiß sehr nahe lag, so scheint uns jetzt die zuletzt hervortretende
Gestalt ant besten auf das Kalifat bezogen zu werden, das
durch seine Erklärung des heiligen Krieges für den gesamten Islam
den schwer bedrängten deutschen und österreichischen Truppen
tatsächlich eine sehr wertvolle Entlastung gebracht hat. Wir sind
uns dabei bewußt, daß es sich bei derartigen Deutungen schließlich
nur um ein Spiel der Phantasie handelt; immerhin bleibt aber das
auffällige Zusammentreffen derselben Bilder, ähnlich wie bei der
Zahlensymbolik, so beachtenswert, daß es zu mystischen Erklärungsversuchen
geradezu herauszufordern scheint. Daß der edle
Lord bei seinem kühnen Vergleich des Deutschen Reiches mit einem
indischen Elefanten etwa Kenntnis von jenem Aufsatz in den
„Psych. Studien" gehabt hätte,' ist ja in einem an die Gewißheit
des Gegenteils grenzenden Grade unwahrscheinlich.
d)ZweiweitererätselhafteBegebenheiten
aus dem Leben seines verstorbenen Vaters teilt uns (dat. Delitzsch,
26. Jan. 1915) Herr H. Popp e n b e r g , kgl. Oberbahnassistent
a. D., wie folgt mit (vgl. auch Januarheft S. 41, Kurze Notiz c):
„Wie ich schon früher gesagt habe, war mein Vater ein treuer
Christ, Vorsteher der evang.-lutherischen Gemeinde Treuenbrietzen-
Brück i. M. und an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln, würde ich
mir daher als ein schweres Unrecht anrechnen. — In der frühen
Kinderzeit meines Vaters wohnten meine Großeltern in Treuen-
brietzen in der Breiten Straße in einem alten Brauhause, das, wenn
ich nicht irre, heute noch steht; wie es denn in meiner Vaterstadt
jetzt noch mehr solcher Häuser gibt. Von der Stube aus, in der
mein Vater schlief, und die meine Großmutter, wenn sie in der
Küche beschäftigt war, im Sommer offen ließ, konnte mein Vater,
wenn er morgens noch im Bette lag, nach dem Hausflur bis an die
Kellertreppe sehen. Zu verschiedenen Malen sah er dort die Kellertreppe
ein Wesen auf allen Vieren heraufkriechen, das keinem
Menschen und auch keinem bekannten Tier ähnlich sah. Das Gesicht
war eine scheußliche Fratze. Auf das jedesmalige Geschrei
meines Vaters kam dann schnell meine Großmutter herbei und die
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