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164 Psychische Stadien. XLII. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1915)
digerweise irgend eine spirituelle Wirklichkeit sein. Die Tatsache,
daß mein Vater seine Identität durch Tatsachen bewies, die seine
Mutter nicht wußte, und daß er auf das Zimmer hinwies, in welchem
die Geschichte mit der Wolle sich abspielte, zeigt, daß ein
„geistiges Bild" übertragen wurde, nicht ein materielles
, oder sonstwie wirkliches
Prof. H y s 1 o p ist also der Ansicht, daß die Erscheinung
nur der Ausdruck eines Gedankens des Großvaters war, nicht von
der Großmutter bewirkt wurde. Nach H y s 1 o p*s Hypothese ist
es daher nicht der „Spirit" selbst, welcher das Resultat erzeugt, sondern
es ist die Erinnerung einer dritten Person, welche im Bilde
erscheint. Der Agent bleibt hierbei im Hintergrund, wie eben so
oft die sogenannte „Kontrolle" bei mediumistischen Phänomenen.
Der Forscher sieht hierin gewissermaßen ein Gesetz dei
„K ommunikation mit den Tote n." Ein „ter-
tium quid" ist die Basis der ganzen Serie der Phänomene und wir
müssen mit ihm bei den Erscheinungen so gut rechnen, als wie
bei den gewöhnlichen Mitteilungen. Und dieses Gesetz will Hy s-
1 o p auf die erwähnten drei Arten der Erscheinungen angewendet
wissen. Sowohl bei den Erscheinungen der Toten, wie der Lebendigen
ist nicht die erscheinende Person der wirkliche Agent.
Ein interessantes Beispiel wird als Beleg zu dieser Hypcthesis erwähnt
: Eine Dame beschäftigte eine Näherin, ohne zu wissen,
daß letztere ein Medium war. Als die Näherin mit ihrer Arbeit
begann, überkam sie ein heftiger Husten. Die Dame reichte ihr
ein Glas Wasser, aber es wurde zurückgewiesen, weil die Näherin
fühlte, es würde vorübergehen, was auch geschah. Darauf sah
das Medium eine Erscheinung, welche sie als einen Mann beschrieb
, untersetzt, mit langem, weißem Bart, mit weißem Haar
und seine Hand auf die Schulter der Dame legend. Letztere er-
kannte in der Beschreibung ihren Schwiegervater, der ihr ge-
wohnlich die Hand auf die Schulter legte. Interessant ist aber
der Umstand, daß ihr Vater an einem heftigen Hustenanfall
starb. Diese Übertragung eines besonderen physischen oder cha-
rakleristischen Aktes, welcher die letzten Augenblicke einer Per-
son begleitete, auf das Medium, ist ein sehr häufiges Phänomen.
„Ich fand es oftmals", sagt Prof. H y c 1 o p , „in-mediumistischen
Experimenten. Wenn die Näherin nicht gehustet hätte, würden wir
nicht geahnt haben, wer die wirkliche Ursache der Erscheinung
war. Aber da es jetzt klar ist, daß der Vater der Dame die „Kontrolle
" war, wie das Husten anzeigte, so haben wir einen sehr
wichtigen Zwischenfall in der Erscheinung des Schwiegervaters.
Offenbar ist es nicht letzterer selbst, der sie verursacht hat. Es
ist die Erscheinung nicht ein unmittelbarer Effekt, sondern sie ist
vermittelt worden, wie in allen mediumistischen Tatsachen, selbst
wenn die Kontrolle scheinbar nicht anwesend oder aktiv ist. Der
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