Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 190
(PDF, 159 MB)
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190 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1915)

von der physischen Gehirnmasse unterschiedenes „transzendentales
Gehirn" glauben will. Wie schön ironisiert Mephistopheles im
Doktormantel Faust's einen derartigen Wissenschaftsbetrieb mit
den Worten:

Wer will was Lebendig's erkennen und beschreiben,

Sucht erst den Geist herauszutreiben;

Dann hat er die Teile in seiner Hand,

Fehlt, leider! nur das geistige Band.

Encheiresin naturae nennt's die Chemie,

Spottet ihrer selbst und weiß nicht wie.
Oder wo steckt hier bei solcher Psychologie das geistige Band,
wenn ein Träger der seelischen Funktionen nach der Überzeugung
der „Aktualitätspsychologen" (Wundt) völlig fehlt, das Wesen der
Seele vielmehr ausschließlich in die „Aktualität", die Tätigkeit gesetzt
wird? Dann ist der Mensch der wunderbarste Automat, der
sich denken läßt, indem er Handlungen vollzieht, die von eine» (in
Wirklichkeit nicht existierenden) vernünftigen Seele zweckgesetzt
erscheinen. Dann werden uns die Wirkungsweisen der Verände-
rung auf dem Theater des psychischen Lebens unbegreiflich, wenn
ein zugrunde liegendes Sichveränderndes unkonstatierbar ist.

In den hier angedeuteten Ratlosigkeiten bleibt die heutige
akademisch approbierte Psychologie stecken, weil sie bei ihrem
rein physiologischen Wissenschaftsbetriebe die okkulten Phänomene
des Seelenlebens außer acht läßt bzw. als reine Illusionen behandelt
: und eine merkwürdige Furcht vor der Anerkennung einer
»selbständigen Seele hat. In einem Vortrage über das Rätsel des
Todes, den Dr. Rudolf Steiner bezugnehmend auf des belgischen
Dichterphilosophen Maurice Maeterlinck neueste Werke
„Vom Tode" und „Weisheit und Schicksal*' (beide erschienen bei
E. Diederichs, Jena) am 6. April 1913 in Breslau hielt, prägte er
neben anderen feinsinnigen Aussprüchen die tief- und vielbedeutsame
Sentenz: „Die meisten Menschen haben Angst vor dem
Geiste.'* Das ist ein wahres, allzu wahres Wort, das auch die psy—
chophysischen Parallelisten sich gesagt sein lassen mögen. Und
wenn sie sich viel zugute tun auf die großen Errungenschaften
ihrer physiologisch-vivisektorisch erarbeiteten Psychologie:

Mir dünkt das stille Los des Weisen

Vor jedem andern glücklich und zu preisen.

Und schreiten wir auch ferne noch vom Ziel,

So wissen wir des Wahren doch schon viel —
so möge sich ihr Wagner'scher Wissenschaftsdünkel von Lenau's
Faust zurechtweisen lassen:

Du weißt nicht mehr vom Leben als das Vieh,

Trotz deiner sämtlichen Anatomie.

(Fortsetzung folgt.)


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