Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 195
(PDF, 159 MB)
Bibliographische Information
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H.: lieber einige Sittengesetze.

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Es entsteht die Frage, ob willkürlicher Erwerb vom moralischen
Standpunkte aus sich verteidigen läßt. Die Folgen müssen darüber
entscheiden. Willkürlicher Erwerb muß notwendig dazu
führen, ein möglichst großes Einkommen und Eigentum zu besitzen.
Denn so ist man in der Zukunft für sich und seine Nachkommen
der Brotsorgen ledig; man hat Ehre, Ansehen und großen Einfluß
unter den Menschen; man kann sich die Annehmlichkeiten des Lebens
verschaffen. Ob aber alle die Fähigkeit und Möglichkeit
haben, sich das Nötige zu einem ordentlichen Leben zu erwerben,
wird dabei außer Acht gelassen. Tatsache ist, daß nicht jeder
für sich und die Seinen den Lebensunterhalt beschaffen kann, und
manche müssen so ein elendes Leben führen. Auch christliche
Nächstenliebe kann durch milde Gaben diesen Mangel in der
Güterverteilung nicht ausgleichen. Bei den meisten Menschen ist
sie nur eine hochtönende Phrase, der die Tat nicht folgt; außerdem
hegt die Gefahi *or, daß der Mensch zur Trägheit und Bettelei
kommt, wäre sie tatsächlich vorhanden. Vor allem aber fehlt ihr
die zwingende und regelnde Ordnung, die für das Leben unbedingt
notwendig ist. Die Folgen des willkürlichen Erwerbs sind für die
Moral geradezu vernichtend. In der Willkür, dem willkürlichen
Erwerb und Besitz liegt die Quelle alles moralischen Elendes der
Menschheit. Da nun einmal das Geld bei den Menschen eine so
große Rolle spielt, so stellt eich selbstverständlich die Gier nach
Gold ein. Es ist unmöglich, alle unsittlichen Mittel, die beim Erwerb
angewandt werden, alle unsittlichen Erwerbszweige, wodurch
man sich zu bereichern sucht, aufzuzählen. Die Folge des willkürlichen
Erwerbs ist eine große Verschiedenheit des Besitzes unter
den Menschen. Diese bedingt wieder die Abhängigkeit eines Teiles
der Menschen. Nlir zu oft veranlaßte die Not ums Dasein manchen
Menschen, seine Tugend und Gesundheit zu opfern in Dienstabhängigkeit
von seinem Herrn. Beispiele für das Gesagte bieten der
Mädchenhandel, die Prostitution, die so häufigen Verführungen von
Dienstpersonal usw., Tausende sind ja leider für Geld feil.

Willkür, willkürlicher Erwerb und Besitz wirkt auf das ganze
moralische Verhalten der Menschen zurück. Unter den herrschenden
Umständen is* es vielen nicht möglich, sich rechtzeitig verheiraten
zu können. Die Folge ist vielfach, daß sie einen unzüchtigen
Lebenswandel führen. Tür und Tor öffnet so die Willkür
der Unzucht und Geld gibt die Mittel, auf ihren schmutzigen Pfaden
zu wandeln. Einmal gefallen, entwickelt sich im Menschen der
Hunger nach Genuß und im Genuß verschmachtet er vor Begierde.
Geistiges und körperliches Elend breitet sich aus, und die Nachkommen
bis ins dritte und vierte Geschlecht müssen die Sünden der
Eltern büßen. Betrug, Wucher, Haß und Mord entstehen um
Belitz. —

Nicht Kultur bringt uns zur Unnatürlichkeit, sondern Willkür

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