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Heiners: Metapsychik im Kriege.
199
Seit acht Jahren habe ich als Kulturhistoriker mit dem Studium
der Metapsychik mich abgegeben und ein umfangreiches
Werk: „Die Welt des Wunderbaren und Geheimnisvollen" zu
schreiben begonnen.2) Ich hatte 1909 in der Monatsschrift einer
Gesellschaft „Naturfreunde** in Luxemburg die „Spukphänomene'*
unserer Tage behandelt, die von den Tausenden von rätselhaften,
wunderbaren Erscheinungen mir am unerklärlichsten scheinen und
diabolischen Einfluß offen zur Schau tragen. Gebeten hatte ich
die Naturfreunde, eine natürliche Erklärung mit ihren Kenntnissen
suchen zu helfen. Das allein genügte bei ihrer Ohnmacht
diesen kleinen Geistern, die einmal durch eine Hochschule oder
ein naturalistisches Museum gelaufen waren, ihre Unduldsamkeit
dadurch zu zeigen, daß sie keine Widerlegung versuchten, wohl
aber eine neue Ausgabe der Septembernummer mit Weglassung der
Abhandlung vornahmen. Und doch war das Heft bereits an alle
Mitglieder versandt worden!
Ungemein große Vorsicht isi fieilich bei einer Sammlung,
noch mehr bei einer kritisch wissenschaftlichen Bearbeitung des
Materials geboten. Seit Weltanfang, seit es Menschen gibt, kommen
bei allen Völkern aller Zungen, Zonen und Zeiten Vorgesichte
, Weissagungen, Prophezeiungen, visionäre Träume, Ahnun-
gen, Warnungen, telepathische Mitteilungen, dann auch k ü n s t -
liehe Mantik, Erforschung der Zukunft, des Verborgenen und
Geheimen, dieWahrsagerei in tausenderlei Abarten vor. Dunkel, verworren
und verschwommen waren immer diese Vorgesichte, selbst
die Prophezeiungen der Bibel, weshalb Traumdeuterei, Augures
(Vogelschauer) und Haruspizes (Eingeweideschauer), sowie Prophetenschüler
herangebildet wurden.
Nehmen wir nur das so häufige „Zweite Gesicht** in Westfalen
, in Schottland, auch sporadisch bei erblich belasteten Familien
. Nur in Bildern, ähnlich wie im Kinema, sehen die Deutero-
skopen. Der mit der stärksten Sehkraft begabte Mensch erblickt
von einer Anhöhe aus die Landschaft. Sein Auge fliegt von der
nächsten Umgebung bis in die Ferne, wo der Horizont des Hirn-
rnels nur dunkel und verschwommen Bergeskuppeln mit Baumwuchs
als Hintergrund erraten läßt. Dazwischen liegende Täler
mit Flüssen und Ortschaften sieht das Auge nicht, weiß die Entfernung
nicht abzuschätzen. So wird auch das „Zweite Gesicht'*
erst sicher bestimmt nach der Abwicklung des Ereignisses vom
Zeilenhaspel, also nach der Erfüllung, sich deutlich erklären lassen.
Die Vorsehung, welche dem Menschengeiste den Lichtstrahl des
Erkennens im Räume und in der Zeit gestattet, hat in Weisheit die
2) Wir werden auf diese Sammlung in den nächsten Heften
unter dem Pseudonym „Philalethes" zurückkommen. — Red.
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