Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 201
(PDF, 159 MB)
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Deinnard: Der Deutsche, der „gebildete Hausknecht", 201

auszudrücken, daß wir etwas minderwertig finden, sagen wir:
„Es ist nicht weit her!*'

Was sagen wir damit eigentlich? Wir sagen: das betreffende
Ding ist nicht von weit her, nicht aus dem Ausland gekommen
und kann deshalb auch nicht viel wert sein. — Nicht viele dürften
es sein, die hinter diesen ursprünglichen Sinn jener vielgebrauchten
Redensart gekommen sind, durch die wir uns selbst unbewußt den
in uns steckenden Hang verraten, dem Ausland den Vorzug zu
geben, unsern Hang zur Ausländerei.

Diese Ausländerei — so führte Fulda nun aus — begann
schon in der Hohenstaufenzeit, wuchs nach dem dreißig! ährigen
Krieg und verschwand weder im 18. Jahrhundert, noch nach dem
Krieg von 1870. Sie kann nur aus der Geschichte erklärt werden,
aus der Zersplitterung der deutschen Stämme und aus dem Mangel
eines geistigen Mittelpunktes, einer Hauptstadt. Andrerseits hat
die deutsche Dezentrahsation auch ihre großen Vorteile.

Der nach Form und Inhalt gleichbedeutende Fulda'sche Vortrag
brachte unter anderen die köstliche Schilderung des Berliner
Lebemanns, des „Gent" — wie man bis zum Ausbruch des Krieges
sich auszudrücken liebte, wie dieser „Gent** bis dahin den Tag ver-
brachte - eine Schilderung, in der es von englischen und französischen
Ausdrücken wimmelte. Und was ist aus diesem eleganten
„Gent** seit Anfang August vorigen Jahres geworden? Ein
Feldgrauer, der jetzt mit Lehm überdeckt im Schützengraben liegt
und sein Vaterland verteidigt.

„Der gebildete Hausknecht** — so lautete der Titel einer Posse,
die in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf
deutschen Bühnen gerne gespielt wurde. An diese Posse, in der
ein biederer Hausknecht sich höchst drollig bemüht, mit Engländern
und Franzosen in ihrer Sprache zu reden, erinnerte Fulda
zum Schluß, indem er die Tatsache hervorhob, daß man diesen „gebildeten
Hausknecht** in den letzten 40 Jahren bei uns zwar nicht
mehr im Theater, desto mehr aber im Leben selbst zu spielen
sich befleißigt hat. Und zwar nicht bloß dadurch, daß man sich
eifrigst bemühte, mit jedem Fremden in dessen Sprache zu reden,
sondern auch dadurch, daß man alles bewundeite, was vom Ausland
zu uns kam — Mode, Geschmack, Umgangsformen, Kunst
und Literatur. Alles, was weit her kam, das wurde von den Deutschen
angestaunt und pflichtschuldigst zum Muster genommen.

Möchte doch der Deutsche — so schloß Fulda — endlich
einsehen, daß er jetzt ein für allemal aufhören muß, dem Ausland
gegenüber den „gebildeten Hausknecht** zu spielen.


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