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202 Psychische Studien. XLIL Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1915.)
Kurze Notizen.
a) Kriegsprophezeiungen1) Alle möglichen
„Prophezeiungen** aus alter und neuer Zeit, über Kriegsbeginn, Erfolg
und Ausgang desselben durchschwirren die Luft. Es sind
Phantasiegebilde Einzelner, die in verschiedenen Änderungen ihre
Reise durch die Welt des „gläubigen** Volkes machen. Eine derselben
, welche der „Mainzer Anzeiger** bringt, ist deshalb von
historischem Interesse, da sie aus dem Jahre 1670 wirklich stammt,
wie H. Archivar a. D. F. W. E. R o t h mit öffentlicher Namensunterschrift
bezeugt. Im Nachlaß des Domkapitulars P. Schunck
zu Mainz fand sich nachstehende „Prophezey 1670**. „Die Gestirne
künden, es wird in Frankreich ein großer Herrscher
kommen, sein Landt groß und dann kleyn machen. Ruin seines
Volcks im Innern bey äußerm Glanz wird seyne Nachkommen
tieffen. Das wird die Welt teuschen und Teutschlands Adel zum
Nachäff er machen. Nicht lange. Dann wird eine ruina 2) mundi
(= Verderbnis der Welt) kommen, Laster und Gottlosigkeit werden
mit dem Recht und Wohlstandt fechten. Gewissenlose Streber
werden sich zeigen. Königsmord und Vieler Untergang wird
kommen. Es wird ein großer Mann kommen, Teutschlands Fürsten
gewinnen und sich geneigt machen, für ihn die alte Welt zu
erobern. Adel und Geistlichkeit wird geknechtet werden. Um
Polen und die Moskowiterey wird schwer gekämpft werden, aber
der Nordstern der Freiheit aufgehen. Ruhe und Erschöpfung
der Völker wird kommen. Ein neuer Krieg lenkt in
andere Bahnen. Und der Norden wird Führer Teutschlands werden
. Und wie das kommende Saeculum die großen Kriege bringen
wird, so wird das künftige Saeculum einen neuen Krieg bringen.
Die englische Armada wird am Streit teilnehmen. Zurzeit der
Kornblüte werden Teutschlands Feinde über dasselbe herfallen,
aber in schwerem Ringen wird Teutschland sich der Gegner erwehren
. Und Mongoley und Polackenland wird groß Blutvergießen
sehen. Der Türck wird Teutschlands Helfer seyn und
feyne Pferde im Rhein bei Cöln träncken. Den niederteutschen und
burgundischen Kreys wird Teutschland wieder haben und ans
Meer gelangen. Eine große Armafnjda wird entstehen. Wundeibares
wird kommen. Man wird wie die Vögel des Himmels in
Lüften fliegen, mit Wagen ohne Pferde fahren, die Artollerey
wird Kugeln schleudern, die wieder weiter schießen. Und das
unlöschbare Feuer Naphta wird Städte und Flecken zerstören.
Und auch die Frauen werden im Streiten teilnehmen. Der Witwen
1) Eingesandt von Dr. J. Clericus aus „Fränkisches Volksblatt
und Kiliansblatt*1 (48. Jahrgang, Nr. 76, Würzburg, 18. März 1915).
— Eed.
2) So ist wohl zu lesen anstatt „rama". — Red.
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