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206 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1915.)
ältesten Mitarbeiter, Prof. hon. Willy Reichel (z. Zt. in Pa-
sadena, Cal., wo er sich durch Operation ein Auge entfernen lassen
mußte, um das andere zu retten), neuerdings in den ödesten
Schimpfereien gegen Deutschland, resp. preußischen Militarismus,
der den Gegnern natürlich verhaßt ist, weil er eben unser Vaterland
vor dem von ihnen geplanten Untergang gerettet hat. Sogar
der Millionär und „Friedensapostel*' Carnegie, der Stifter
des herrlichen Fliedenstempels im Haag, hat kürzlich in Paris
in empörendster Weise zur Fortsetzung des Weltkrieges gehetzt,
weil die Hoffnungen der „Friedensfreunde" erst dann in Erfüllung
gehen können, wenn „Deutschland zerschmettert'* sei!! Eine
derartige „Friedenstätigkeit*' müßte geradezu als verbrecherisch
bezeichnet werden, wenn man nicht Geistesstörung infolge krankhaft
wirkender Massensuggestion annehmen will. — Daß die bisher
hervorragendsten Führer der Friedensbewegung im feindlichen,
bzw. „neutralen** Auslande, wie Richet, Carnegie u, v. a.,
im Ernstfall so ganz versagen, da? gehört für den aufrichtigen
Freund des Völkerfriedens zu den beirübendsten Tatsachen in diesen
kummervollen Tagen.
d) N e u e Forschungen über das Empfindungsleben
der Pflanzen. Aufsehenerregende Enthüllungen
aus dem Leben der Pflanzen (bzw. über die längst .ermutete
„Pflanzenseele") bieten - wie die „übersinnliche Welt*'
Nr. 3 er., nach einer (leider nicht näher bezeichneten) Dresdener
Zeitung mitteilt — die Forschungen von Prof. Jagadis Chandra
B o s e, der allgemein als der größte Gelehrte Indiens anerkannt
ist. Bose, der auch in Berlin bereits Vorträge gehalten hat, hat
eine neue Methode der Pflanzenforschung eingeleitet, die in den
Kreisen der Botaniker die größte Beachtung findet. Der Gedanke,
daß Pflanzen in derselben Weise Freude und Schmerz empfinden
wie Tiere und daß sie ihre Empfindungen selbst aufzeichnen, mutet
uns zunächst ganz ungeheuerlich an; und doch sind es diese Tatsachen
, die Bose's Forschungen offenbart haben. Über die Ergebnisse
seiner Studien veröffentlichte der Gelehrte selbst einen
umfassenden Aufsatz in der in Kalkutta erscheinenden „Modern
Review". Nach seiner Darstellung sind alle Pflanzen empfindungs-
fähig, und manche von ihnen haben Gewebe, die gerade so von
selbst schlagen, wie das Herz des Tieres schlägt. Diese Pulsschläge
der Pflanze können durch Drogen in derselben Weise beeinflußt
werden, wie die Pulsschläge des tierischen Herzens; sie
reagieren auch ganz so auf einen elektrischen Reiz wie Tiere.
All dies hat Bose durch einen von ihm erfundenen Regislrierappa-
rat festgestellt, der die feinen Schwingungen der Pflanzenseele
festhält und aufschreibt. „In einem Zimmer in der Nähe von
Maida Vale befindet sich eine unglückliche Mohrrübe, festgebannt
an einen Tisch, durch die Drähte einer elektrischen Batterie,
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