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216 Psychische Studien. LXII. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1915.)
17) gegen Spesenvergütung von 25 Pf. in Briefmarken erhältlich.
[Das Geld, an sich auch Metallgeld, bedeutet nicht praktischen,
sondern nur theoretischen Reichtum, hat also lediglich als „Gutschein
" realen Wert; durch ein Reichsgesetz brauchte lediglich
alles Geld auf die neue Rechtsgrundlage eines bloßen Gutscheins
auf das betreffende Wertquantum beliebiger Ware gestellt, als
„Deckung" unmittelbar das Kaufobjekt erklärt zu werden, um
den Staat Geld ausgeben zu lassen, so viel er nur braucht, ohne
daß mehr in Umlauf gesetzt würde, als durch vorliegende oder
anzuregende gesunde Leistungen zwecks Bezahlung, bezw. Ankauf
derselben gerechtfertigt erschiene. Eine solche neue Organisation
des Geldwesens durch Deutschland und Oesterreich-Ungarn würde
auch das beim Goldprinzip bleibende Ausland wohl bald zum
Anschluß zwingen und so auch den Keim künftiger Weltkriege
durch wirtschattlich diplomatischen Druck ohne den sonst unausbleiblichen
Druck immer weitergehender militärischer Rüstung
aus dem Weg schaffen. Dieser Vorschlag des bekannten Sozialphilosophen
Theodor Rudert verdient u. E. allseitige Beachtung
.]
Briefkasten.
Herrn A. K. in L. und anderen liebwerten Mitarbeitern sagen
wir für herzerfreuende Ostergrüße auf geschmackvollen Kunstkarten
hiermit aufrichtigsten Dank. Mögen die frommen Friedenswünsche
recht bald in Erfüllung gehen, um echt menschliche Biidungs-
arbeit wieder aufblühen zu lassen. Es ist ja nachgerade der reine
Wahnwitz, wie sich „christliche Kulturvölker" massenweise hinmorden
und — mutwillig oder gezwungen — höchste materielle
und geistige Kultur werte gegenseitig mit einer wahrhaft teuflischen
List zerstören, die auf den philosophischen Betrachter des aufregenden
Schauspiels der Menschengeschicke, zumal in den Bosheiten
der feindlichen Lügenpresse, vielfach den Eindruck von
„moral insanity" macht. Aber die gewissenlosen Anstifter dieses
entsetzlichen Massenmords, die Leiter der öffentlichen Meinung in
England, Frankreich und Rußland, sitzen leider noch immer ruhig
auf ihren Ministersesseln und Fürstenthronen, bezw. in den Redaktionsstuben
, von denen aus seit lange (vielfach auch bei uns)
in unverantwortlich gehässiger Weise die Völker aufeinandergehetzt
wurden, bis es dann ehrgeizigen und geldgierigen „Staatsmännern" gelang
, einen Weltbrand zu entfesseln, der nun nicht mehr so leicht
zu löschen ist, wenn für Deutschland und seine treuen Bundesgenossen
ein wirklich dauernder und wertvoller Friede erzielt
werden soll. Als ob es an sonstigem Elend auf Erden durch
Krankheiten und Naturkatastrophen aller Art nicht schon sattsam
genug wäre! Mit Recht sagt ja Schiller: „Nur die Natur ist redlich
." Wie harmlos ist doch schließlich das ßaubtier gegen die
menschliche Bestie, wenn man liest, wie jetzt wieder der russische
Bär („ursus scythicus barbaricus") in Ostpreußen und den Karpathen
fehaust hat. Also durchhalten und an der Zukunft einer durch
fnglück geläuterten Menschheit nicht verzweifeln!
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