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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des
Seelenlebens gewidmet.
42. Jahrg. Juni. 1915.
I. Abteilung-
Historisches und Experimentelles.
Streiflichter auf japanischen Kultus
und japanische Kultur.
Von Dr. med. Franz Freudenberg, z. Zt. Bonn.
(Fortsetzung von S. 171.)
Kehren wir nach dieser Abschweifung zum japanischen
Hause zurück. Gewöhnlich in der Mitte des Zimmers brodelt
über einem Holzkohlenfeuerv der Teekessel. Das Feuer bedarf
häufigen Anfachens mit dem Blasebalg. Er dient zugleich als
Ofen und Herd. Wie feuergefährlich diese Einrichtung ist, versteht
sich leicht, zugleich aber auch, wie erbärmlich der Iapaner
im Winter, zumal in kalten Wintern friert. Denn die japanische
Inselwelt hat nur in ihrem südlichsten Teile halbwege subtropisches
Klima, der Norden aber 7 Monate Schnee. Wenn auch
für die mittleren Regionen die Winter als wärmer gelten wie bei
uns, so kommen doch in der im Innern der Hauptinsel Hondo
gelegenen Stadt Kyoto Wintertemperaturen von — 12 Grad vorübergehend
vor. So gut es geht, suchen sich Japaner und Japanerinnen
dadurch gegen die Kälte zu schützen, daß sie einen
Kimono über den andern anziehen. Außer der Billigkeit mag
auch die Furcht vor den in Japan häufigen Erdbeben die allgemeine
Einführung des Holzhauses bedingt haben. Jedenfalls
aber ist das Fehlen der Kamine und mithin des Ofens und des
Herdes in geschlossenen Räumen ein großer Übelstand.
Einige Schränke zum Aufbewahren von Kleidungsstücken,
ein bescheidener Bestand an Koch-, Eß- und Trinkgeschirr, Haus-
altärchen, Bilder auf Papier oder Seide und allenfalls Stickereien
und Wandschirme vervollständigen den bescheidenen japanischen
Hausrat. —
Die Straßen sind im ganzen Lande, von wenigen Ausnahmen
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