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Hänig: Wandlungen auf dem Gebiete der Geheim Wissenschaften. 233
empirisch bewiesen wird, nur noch zwei Einwände möglich sind:
wir können diese Entstehung der Phantome nur dann zurückweisen
, wenn das Medium selbst bei vollem Wachbewußtsein ist
und seine Gedanken nicht auf jene Phantombildung richtet, und
wenn diese mediumistischen Produkte derartig über dessen geistige
Fähigkeiten hinausgehen, daß sie auch seinem Unterbewußtsein
unmöglich zugeschrieben werden können. Im ersteren Falle ist
natürlich die Glaubwürdigkeit der Versuchsperson das Ausschlaggebende
. Schwieriger liegen die Verhältnisse im zweiten Falle:
es wird sich in den wenigsten Fällen genau nachweisen lassen, wo
die Grenze der geistigen Fähigkeiten des Mediums liegt, zumal,
wenn noch andere Möglichkeiten (Atavismus und Hellsehen) hinzugenommen
werden.
Geraten wir schon hier in erhebliche Schwierigkeiten, so
hört jede Möglichkeit, die Frage auf der*Grundlage der Erfahrung
zu entscheiden, bei den letzten drei Möglichkeiten gänzlich auf.
Allerdings hat man auch hier noch versucht, durch Vernunftgründe
eine Entscheidung zu treffen. Ganz abzusehen ist zunächst von
dem Hinweise auf den gesunden Menschenverstand, der in manchen
Fällen dazu nötige, in einem spiritistischen Phantom eine bestimmte
verstorbene Persönlichkeit zu sehen. Er läuft im wesentlichen
auf das Überzeugende des ersten Eindrucks, bzw. auf den
Wunsch hinaus, eine verstorbene Persönlichkeit wiederzusehen,
während er gegenüber den Vernunftgründen, die die strenge Logik
für und wider die Identifikation vorbringt, machtlos ist. Ein zweiter
Beweis, der oft von Seiten des Spiritismus für die Identifikation
vorgebracht wird, ist der sogenannte innere Beweis, der uns schon
bei A k s a k o w begegnet. Er läuft im wesentlichen auf die innere
Überzeugung hinaus, die sich, wie sich A. (S. 739) ausdrückt
, auf eine Gesamtheit für das objektive Urteil unangreifbarer
Gegebenheiten stützt, aber mit einer für die subjektive Überzeugung
unwiderstehlichen Gewalt. Die Schwierigkeit liegt hierbei in
der Aufgabe, zu ermitteln, woher diese Überzeugung kommt, bzw.
wie die seelischen Vorgänge verlaufen, die imstande sind, eine derartige
Wirkung im Menschen hervorzubringen. Solange das nicht
gelingt, müssen wir auch von diesem Beweise absehen, da er den
Fehler hat, Unerklärliches selbst durch Unerklärliches zu ersetzen
oder anders gesagt, an Stelle der einen Schwierigkeit eine andere
zu setzen, deren Erklärung uns nicht geringere Aufgaben stellt. Dazu
kommt aber noch etwas anderes: es gibt tatsächlich ähnliche
Gefühlsvorgänge z. B. plötzliche Ahnungen, plötzliche Anwandlungen
von Furcht und Schrecken, die sich später als völlig grundlos
herausstellen und daher nur als Glieder einer Kausalkette anzusehen
sind, die im Unterbewußtsein entsteht, ohne Beziehung
zu einem äußeren Ereignis gehabt zu haben.
Größere Kraft gewinnt dieser innere Beweis, wenn er, auf
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