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flänig: Wandlungen auf dem Gebiete der Geheim Wissenschaften. 241
stellen lassen, ob es mechanisch erklärbar ist (etwa als Energieform),
oder ob es dem Transzendenten überwiesen werden muß. Es
bleiben dann noch verschiedene Möglichkeiten, über die wir kein
endgültiges Urteil mehr zu fällen vermögen. Gerade Du Prel sind
übrigens aus diesem Grunde oft Vorwürfe gemacht worden, daß er
sich allzusehr mit dem nicht Beweisbaren abgäbe, — allerdings zum
Teil mit Unrecht, da gerade er immer wieder auf den lebenden
Menschen als Ausgangspunkt für die okkultistischen Probleme hingewiesen
hat.
Glücklicherweise fehlt es neben dem Hin- und Herraten, mit
dem viele Anhänger und Gegner des Okkultismus lange Zeit ihre
Kräfte erschöpft haben, gerade in der letzten Zeit nicht an Werken,
die den Weg jener induktiven wissenschaftlichen Analyse gegangen
sind und die daher wert sind, Marksteine in der neuesten Geschichte
dieser Bewegung genannt zu werden. Da sich das eine von beiden,
die „Materialisations-Phänomene" Schrenck-Notzing's, nur auf die
wissenschaftliche Feststellung von Tatsachen beschränkt, ohne sich
auf Erklärungen einzulassen, braucht hier nur das andere erwähnt
zu werden: Staudenmaier's „Magie ais experimentelle Naturwissenschaft
". Dasjenige, was der Freisinger Professor für Chemie an
diesen Untersuchungen mitbrachte, war zunächst eine gründliche
chemische Bildung, zu der noch die Kenntnis des Zauberwesens
und der Gebräuche kam, welche die Geschichte der mittelalterlichen
Kirche mit dem Gebiete des Okkultismus verbinden. So klagte er
selbst darüber, daß, während sich in der Chemie nur dadurch
wissenschaftliche Erfolge erringen lassen, daß man vom Bekannten
schrittweise ins Unbekannte vorgeht, die Anhänger des Okkultismus
oft gerade das Gegenteil getan haben und daher oft über einen
Wust von Meinungen nicht hinausgekommen sind. So gibt es weitläufige
Untersuchungen über die Geister und Dämonen, die im
niederen Spiritismus eine so große Rolle spielen: — die Frage für
uns ist die, ob es gelingt, durch willkürlich hervorgebrachte Halluzinationen
derartige Wesen zu schaffen, die dann natürlich nicht
der Wirklichkeit, sondern nur einem Vorgang in uns (Fortpflanzung
einer Vorstellung auf den Sehnerv und von dort auf die Retina)
ihren Ursprung verdanken. So gelang es Staudenmaier nach
vielen, oft mit großen seelischen Qualen verbundenen Versuchen
eine ganze Welt derartiger Geister um sich herum zu schaffen, die
dann durchaus selbständige Formen annahmen und ihren Urheber
weder bei Tag noch bei Nacht in Ruhe ließen, so daß er oft gewaltsam
diese Übungen unterbrechen mußte. Auf ähnlichem Wege hat
St. versucht, sich auch über die Fragen des automatischen Schreibens
und der Telepathie Klarheit zu verschaffen. Pflanzt sich das
Licht, durch das alle Eindrücke übertragen werden, durch Wellenbewegung
fort, deren Empfänger die Organe unseres Auges und
unser Gehirn sind, so muß es nach Staudenmaier auch umgekehrt
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