Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 244
(PDF, 159 MB)
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244 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1915.)

kalten Luftstrom einer seichten Aufklärung vertrocknet und im
Hochofen des utilitaristischen Staates als Feuerung allmählich verbraucht
.

Das Gebot, daß man Gott, der aus dem Innersten zu uns
spricht, mehr gehorchen müsse als den Menschen, erscheint in sein
Gegenteil verkehrt.

„Gehorsam,

Das große Grab des Edlen, Wahren, Freien
Und des Genie's, macht Männer Sklaven und

Zum Automat die menschliche Gestalt.----

Der Himmel nur für die bestimmt, die*s wagten,

Auf Erden hier ihr besseres Selbst zu leugnen,

Die glaubten, zitterten und krochen vor

Dem großen Gaukelspiele ird'scher Macht. (Shelley)

Ist aber das irdische Leben also beschaffen, was nicht zu
leugnen ist, so ist nicht einzusehen, wieso es einen moralischen
Zweck erfüllen soll; betrachtet man hingegen die Individualisierung
als seine eigentliche Bestimmung, so erscheint es trotz seiner demoralisierenden
Wirkungen noch immer zweckentsprechend und, insofern
sich diese letzteren auf die Grundtendenz der Individuali-
sation, den Egoismus, zurückführen lassen, erscheinen auch diese
unserem Verständnisse näher gerückt.

Ein anderes Moment, das für den moralischen Wert der
Reinkamation zu sprechen scheint, besteht in der Tatsache, daß
es kein besseres Mittel gibt, um den brutalen Verächter des Mitgefühls
den Wert desselben zu lehren, als ihn das Unrecht und
das Leid, das er anderen Wesen zugefügt, selbst fühlen zu lassen.
Es fragt sich nun, ob hierzu eine Wiederholung dieses Erdenlebens
unbedingt erforderlich ist, oder ob sich dieser Zweck auch auf
andere Weise erreichen läßt. Die letztere Frage läßt sich auf
Grund der bisherigen Ergebnisse der neueren psychischen For-
schung ohne weiteres bejahen.

Eine entsprechende Sühnung, die auch unser Rechtsgefühl,
dessen Stärke durch den Spruch „Fiat justitia et pereat mundus**
zur Genüge gekennzeichnet wird, vollkommen befriedigt und unsere
Entrüstung über begangene Ungerechtigkeiten, Gewalttaten und
Grausamkeiten allein etwas zu beschwichtigen ^vermag, vollzieht
sich nach dem Gesetze von Wirkung und Gegenwirkung, wobei
die letztere zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben werden
kann, und das nicht, ohne dadurch eine der Länge des Aufschubs
entsprechende Verschärfung zu erfahren.

Die natürliche Reaktion auf fremdes Leid ist Mitleid und,
wofern wir jenes selbst verschuldet haben, Reue und Gewissens-
qual. Sehr schön und vermutlich auch richtig hat Jean Paul den
Sinn des Mitleids gedeutet, wenn er sagt, daß der Schöpfer noch


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